Bollywoodelfe's Blog

Eine deutsche Sicht auf Bollywood, Indien , Pakistan

Meine liebsten Filme mit Irrfan Khan

Als ich gestern Abend die Nachricht las, dass Irrfan Khan ins Krankenhaus musste, weil sich sein Zustand aufgrund seiner Krebserkrankung verschlechtert hatte, ahnte ich, dass es sehr schwerwiegend sein muss. Die Nachricht heute morgen von seinem Tod traf mich, wie viele andere, sehr hart. Einer der besten Schauspieler Bollywoods wird uns nun nicht mehr mit seiner wundervollen Schauspielkunst beglücken und das ist sehr sehr traurig. Selbst den Medien hierzulande war die Nachricht von seinem Tod heute eine Meldung wert, denn Irrfan wurde auch weltweit bekannt mit „Slumdog Millionaire“ und „Life of Pi“, war in „Jurassic Park“ und „The Amazing Spiderman“ zu sehen.

So möchte ich mich bis in alle Ewigkeit an die schönen Filme mit ihm erinnern, die ich so lieb gewonnen habe. Irrfan war für mich immer ein Garant für einen guten Film. Seine zurückhaltende, fast schüchterne Art war etwas ganz besonderes in einem Filmbusiness, in dem man möglichst laut sein muss und immer posen. Das hatte Irrfan nie nötig. Filme mit ihm kamen ganz ohne den üblichen Bollywoodtrubel aus. Er gewann seine Liebsten mit einer viel nachhaltigeren Art. Zuhören, sanft und klug agieren. Während alle um ihn herum in gewohnt indischer Manier durchdrehen, blieb er stets ruhig.

Einer der schönsten Filme mit ihm ist für mich Lunchbox. Eine großartige Liebesgeschichte, die ganz ohne Tanz und große Sprüche auskommt. Hier wurde quasi das Sprichwort „Liebe geht durch den Magen“ verfilmt. Kann ich mir immer wieder anschauen. Ein schöneres Verlieben gibt es kaum.

lunchbox

Quarib Quarib Single (zu sehen bei Netflix)

Flirten kann er wirklich ganz meisterhaft, der Irrfan. In diesem Film sogar mit einer sehr merkwürdigen Erscheinung. Mit Lockenköpfchen, Schweißband und Jogginghose. Auch hier wickelt er mal wieder eine (sehr junge Dame) ordentlich um den Finger, ohne großes TamTam zu benötigen.

quaribjpg

Billu Barber (zu sehen bei Netflix)

Hier spielt Irrfan Khan den Friseur Billu, der bescheiden mit seiner Frau und den zwei Kindern in einem kleinen Ort lebt. Als Bollywood-Star Sihar Khan (gespielt von Sharukh Khan) sein Dorf besucht und das Gerücht die Runde macht, er sei ein guter Freund Billus, wird er über Nacht zu einer Berühmtheit im Ort. Doch Billu versucht erfolglos, sich dem Star zu nähern. Der Druck durch seine Mitmenschen wird immer größer und die Situation eskaliert, als die Dorfbewohner ihn schließlich wegen Betruges bei der Polizei anzeigen…

billubarber

Quissa

Irrfan Khan wollte Film erst nicht drehen, weil die Themen zu gewaltig, mit zuviel Schmerz behaftet sind. Die gewaltsame Teilung Indiens 1947 mit Millionen von Schicksalen, die bis heute nachwirken und die so viele traumatisierte Menschen hinterließ. Die Stellung der Frau in der indischen Gesellschaft, in der nur Söhne der Familie Glück und Segen bringen. Der mörderische Makel, ein Mädchen zu sein. Die Macht der Familie, die keinen Raum für ein eigenes individuelles Leben lässt. Traditionen, an denen sich festgeklammert wird und die in keiner Weise in Frage gestellt werden. Vergewaltigung…daraus wurde ein Fantasy-Film, der einen zwar etwas verwirrt zurück lässt, aber Irrfan legte hier eine seiner besten Leistungen hin, wie er meinte.

quissa

Hindi Medium

Ein wunderbarer Film zum Thema „wie erlange ich das Optimum für meinen Nachwuchs“. Irrfan Khan als Vater und seine Frau möchten wie alle Eltern ihrer Tochter einen optimalen Start ins Schulleben ermöglichen, sind aber weder besonders reich, um die Tochter auf eine teure Privatschule zu schicken, noch sind sie besonders arm, denn arme Familien bekommen eine Quote und haben auch eine Chance auf einen Platz in einer besseren Schule, die von Chinesisch bis Klavierunterricht alles bieten. Also tarnen sie sich als arme Leute und ziehen dafür sogar ins Armenviertel. Man kann sich vorstellen, wie amüsant allein diese Umstellung für die Familie ist und dass natürlich nicht alles nach Plan verläuft.

hindimedium

Piku

Piku und ihr 70jähriger Vater sind zwei sehr komplizierte Menschen, die sich ohne Pause anschreien können und sich ständig annerven. Ihr Lieblingsthema sind Verdauung und Stuhlgang des Vaters. Keiner in ihrem Umfeld hält das Gezeter der beiden aus, sogar die Taxifahrer boykottieren sie. Irrfan als Taxiunternehmer allerdings erbarmt sich schließlich und fährt die beiden von Delhi nach Kalkutta. Irrfan ist wie gewohnt angenehm ruhig und man schaut ihm gerne zu, wie er die beiden Wahnsinnigen oft auf den Boden der Tatsachen herunter holt. Er scheut sich auch nicht davor, die Probleme zwischen Piku und ihrem Vater zu benennen.

piku

Ein angenehmer Ruhepol hat diese Welt verlassen. In einer Welt, in der „Poltern“, Attackieren, Hetzen, Herumschreien, Pöbeln so normal geworden ist.

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No one killed Jessica – frei gekauft

Basierend auf einem wahren Fall: 300 Partygäste als Zeugen in der Tatnacht, 7 davon sahen genau mit an, welcher Mann Jessica erschoss. Ein wasserdichter Fall. Aber nicht, wenn der Mörder der Sohn eines einflussreichen Politikers ist. Dann gibt es am Ende einen Freispruch. Somit hat niemand Jessica getötet.

Dieser Film erzählt, wie einfach es in Indien sein kann, sich als Täter frei zu kaufen. Zeugen werden beeinflusst und eingeschüchtert, Polizisten bestochen. Alles ganz normal. Alles ganz einfach. So kommt es auch oft vor, dass Opfern von Vergewaltigungen keine Gerechtigkeit widerfährt. Als reicher Mensch hat man offensichtlich einen Freibrief, auch für Mord und Vergewaltigung. Doch in diesem Fall lehnt sich das Volk auf und fordert Gerechtigkeit. 

Ich finde den Film wirklich toll! Spannend zu sehen, wie einfach es ist, einen wirklich klaren Fall so zu drehen, dass der eindeutige Täter letztlich doch frei kommt. Immer wieder unfassbar. Auch zu sehen in Filmen wie Court oder MOM. Es ist haarsträubend, aber es passiert wirklich in indischen Gerichten. Auch der Fall von Jessica ist keine reine Filmphantasie.

Und wie wunderbar diese zwei Top-Schauspielerinnen Rani Mukerji und Vidya Balan spielen! Endlich mal wieder Frauen, die jenseits der 30 sind. Ganz ohne Designerfashion und High-End Make-Up strahlen sie in diesem Film so beeindruckend, dass mir das Herz aufgeht. Bollywood braucht solche Schauspielerinnen. Genau so wird dieser Film zu einem nachhaltigen Film, den man so schnell nicht mehr vergessen wird.

Zu sehen auf Netflix: https://www.netflix.com/de/title/70139076

 

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Humpty Sharmas Braut – Superman vs. Mowgli

Kavya Pratap Singhs Vater hat den perfekten Bräutigam für seine Tochter ausgesucht: Angad lebt in den USA, ist Arzt, trinkt keinen Alkohol, sieht aus wie ein Model und ist überaus gut trainiert. Nachdem seine andere Tochter geschieden ist, weil sie sich in einen Mann verliebt hatte, der sich als schlechter Ehemann erwies, will er für seine jüngste Tochter eine Ehe arrangieren, die seiner Meinung nach bessere Erfolgsaussichten hat. Liebe steht da nur im Weg. Hier geht es um Fakten. Und die sprechen eindeutig für den ausgesuchten Schwiegersohn Angad.

Wenn da nicht…die Liebe wäre und seine Tochter Kavya sich bereits in einen anderen verliebt hätte.  Humpty Sharma hat nichts von dem, was der „Alpha-Punjabi“ Angad vorzuweisen hat. Aber er hat ein großes Herz und liebt Kavya. Nachdem er ihrem Vater seine Liebe gesteht, wird er erstmal von dessen Schlägertrupp verprügelt. Humpty kämpft aber für seine Liebe und so gibt ihm Kavyas Vater eine Chance: wenn er innerhalb von fünf Tagen einen einzigen Grund findet, warum Angad kein guter Ehemann für Kavya ist, darf er sie heiraten. An diesem Punkt hätte der Film wirklich eine spannende Auflösung des Konflikts bieten können: ein dunkles Geheimnis, das man dem Verlobten auf äußerst clevere Weise entlockt. Oder am Ende gibt Humpty zu, dass der Bräutigam perfekt ist und weil er möchte, dass Kavya ein perfektes Leben haben soll, gibt er sie frei, was wiederum dem Vater zeigt, wie sehr Humpty seine Tochter liebt. Nun. Es kommt anders. Ich musste ein wenig über mich selbst lachen, weil ich die Erwartungshaltung hatte, dass hier etwas Spannendes passiert. Mit der Erwartungshaltung war das Ende dann leider etwas lächerlich.

Ich fand den Film Humpty Sharma Ki Dulhania aber trotzdem sehr süß. Alia Bhatt kann die eigensinnige, moderne, gebildete Frau perfekt verkörpern. Trotz all ihrer emanzipierten Art möchte sie aber ihren Vater nicht enttäuschen und akzeptiert zuerst die arrangierte Ehe. Es gibt sehr viele Filme über arrangierte Ehen, da diese Form der Eheschließung  sehr oft in Indien stattfindet. In den meisten Filmen kommt es dann immer zum Drama, weil die Liebe dazwischen funkt. Liebe vs Vernunft. Also guter Stoff für romantischen Herzschmerz made in Bollywood.

Zu sehen bei Netflix: https://www.netflix.com/de/title/80073188

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Bhangra Paa Le – Bhangra Rhythmus

Bhangra ist für mich eine der härtesten Tanzarten der Welt. In erster Linie muss man dafür eine absolute Fitnesskanone sein. Ich spreche aus eigener Erfahrung, ich habe schon einige Bhangra-Tanzkurse mitgemacht. Am Ende einer solchen Stunde habe ich mehr geschwitzt, als nach einem 10 Kilometer Lauf. Es ist die Härte. Und das Wichtigste: man muss dabei Lächeln, als gäbe es kein Morgen. Es soll aussehen, als hätte man den Spaß seines Lebens. Hat man auch, aber gleichzeitig ist es eben auch wahnsinnig anstrengend. Beim Schauen dieses Films habe ich mich an die vielen Glückshormone erinnert, die ich beim Tanzen hatte. Ich liebe diese Bewegungen einfach. Und ich habe vor jedem Respekt, der das professionell macht. Ich hatte definitiv meine größte Freude an diesem Film.

Gut, dass ich so gar keine Erwartungen an diesen Film hatte, denn so wurde ich tatsächlich positiv überrascht. Zum Beispiel davon, dass die Hauptdarsteller durchaus sympathisch rüber kamen. Und eine rührende und überzeugende Liebesgeschichte, die in der Vergangenheit spielt. Zu Zeiten des zweiten Weltkrieges, in denen Inder für die britische Armee mitkämpfen mussten. Ohne diese Geschichte hätte mich der Film wahrscheinlich nicht so gefangen. Aber so wurde ich am Bildschirm gehalten. Die Geschichte wird in Abschnitten erzählt, und ich wollte unbedingt wissen, wie sie ausgeht. Eine wunderschöne Liebesgeschichte, die mich berührt hat. Nicht ganz so sehr berührte mich die Liebesgeschichte, die derweil in der Neuzeit zwischen den Bhangra-Battle-Kontrahenten lief, aber irgendwie waren sie doch sympathisch. 

Wirklich ein schöner Unterhaltungsfilm, der durchaus auch das Herz erwärmt und vor allem wahnsinnig Lust auf Bhangra macht.

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Guilty – der ganz normale Missbrauch

Brauchen wir einen Film über #Metoo-Missbrauch? Natürlich nicht, im Gegenteil. Wir brauchen Filme, die den Frauen Mut machen. Also kann sich der Zuschauer schon irgendwie denken, dass derjenige, dessen Unschuld zu beweisen gilt, am Ende doch nicht so unschuldig ist, wie es anfangs scheint. Bleibt also die Frage, ob der Weg zur Aufklärung des Falls spannend genug ist, um als Zuschauer dran zu bleiben oder ob der Film irgendwas an der Mentalität ändern kann, was sexuelle Übergriffe betrifft. Nunja. Also mit klaren Fakten wird der Fall am Ende nicht gelöst, soviel ist klar. Vielmehr wird es sehr emotional und der Weg zur “Auflösung” des Falls ist sehr verwirrend. Für mich persönlich ein bisschen zu konstruiert. Das “Opfer” zieht sich gern etwas freizügiger an und steht in Verruf, ein Mädchen zu sein, das sehr leicht für Sex zu haben ist. Klar, die Männer reden sich in dem Punkt gern damit raus, dass das Mädchen ihr “schlechtes Verhalten” ja geradezu provoziert hat. Der Freundin des mutmaßlichen Täters, die vorerst an seine Unschuld glaubt (jemand twitterte sehr trefflich, dass sie ziemlich an Maeve von “Sex Education” erinnert) begegnen auf Schritt und Tritt Situationen mit Männern, in denen sie belästigt wird. Es wird gezeigt, wie schwer es ist, als Frau allein unterwegs zu sein, ohne solchen Angriffen ausgesetzt zu sein. Und sei es, da onaniert ein Mann auf dem Weg zum Zug. Da nützt dann auch kein extra Frauenabteil im Zug, wenn schon der Weg dahin zum Spießrutenlauf wird. Was hier deutlich wird: sexuelle Belästigungen finden immer und überall statt. 

Die wichtigen Zahlen kommen zum Schluss: 95% der Fälle werden nicht bestraft. Oft können sich die Täter einfach frei kaufen oder dem Opfer wird nicht geglaubt. Hier spielt vor allem die allgemeine Meinung eine Rolle, dass die Frau das Verhalten des Mannes wahrscheinlich provoziert hat. Frau darf nicht so sein, wie sie will. Sie hat sich gefälligst am Besten unsichtbar zu machen. Und in 97% der Fälle kennen sich Opfer und Täter. Und um kein Drama innerhalb der Familie/dem Bekanntenkreis zu machen, ist Schweigen das oberste Gebot.

Schuldig macht sich also letztlich auch immer die Gesellschaft, die solche Fälle nicht härter bestraft und die Mentalität beibehält. Nämlich dass die Frau selbst Schuld ist, wenn sie in eine solche Situation gerät.

Zu sehen bei Netflix: https://www.netflix.com/de/title/81116486

EN 

Do we need a film about #metoo abuse? Of course not. We need films that encourage women. So the viewer can somehow think that the person whose innocence needs to be proven is ultimately not as innocent as they initially seem. Will the path to clearing up the case be exciting enough to stay tuned as a viewer? Can the film change anything about people’s mentality regarding sexual assault? 

The case is not solved in the end with clear facts. Rather, it gets very emotional and the path to “resolving” the case is very confusing. A bit too constructed for me personally. The “victim” likes to dress very sexy and most of the men think that it is very easy to have sex with her. Sure, the men like to say that the girl has provoked their “bad behavior”. The alleged perpetrator’s girlfriend, who initially believes in his innocence (someone tweeted very well that she was very reminiscent of Maeve from “Sex Education”), encounters situations with men at every turn in which she is harassed. It shows how difficult it is to be alone as a woman without being exposed to such attacks. Even if a man masturbates on the way to the train. There is no need for an extra women’s compartment on the train to protect women even if the way is dangerous too. What is clear here: sexual harassment takes place always and everywhere.

The important numbers are shown at the end: 95% of cases are not punished. Often, the perpetrators can simply buy a not guilty verdict or the victim is not believed. The general opinion that the woman has probably provoked the behavior of the man plays a role here. A woman cannot be who she wants to be. It is best to make yourself invisible. And in 97% of the cases victims and perpetrators know each other. In order not to make a drama within the family / or among acquaintances, silence becomes the top priority.

Ultimately, the blame lies within the society since it does not punish such cases more severely and allows the current perceptions of sexual abuse to thrive. Namely, that the woman is to blame if she suffers sexual abuse.

Watch on Netflix: https://www.netflix.com/de/title/81116486

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Happy Women’s Day – Stay Strong

Frauen haben es in Indien sehr schwer. Ihr Leben ist durch jahrhundertealte Traditionen beeinflusst. Demnach müssen sie dem Manne Untertan sein. Die Tradition der Mitgift bewirkt, dass eine arme Familie quasi ruiniert ist, sobald eine Tochter geboren wird. Unverheiratete Frauen sind Außenseiter und nach der Heirat müssen auch gut ausgebildete Frauen meist ein Hausfrauendasein führen. In Bollywoodfilmen werden sie oft als Sexobjekte dargestellt. Umso großartiger ist es, wenn es indische Filme gibt, in denen Frauen ihre ganze Stärke zeigen können. Hier möchte ich einige wunderbare Filme hervorheben:

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Zeit der Frauen” (Parched): Vier Frauen haben genug von ihren daueralkoholisierten, gewalttätigen und nichtsnutzigen Männern und nehmen ihr Schicksal nicht wie viele stoisch hin, sondern kämpfen sich aus ihrer Situation heraus, ohne dabei ihren Humor zu verlieren. Wunderbar!

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In „Where to miss?“ verfolgt eine Frau ihren Traum, Taxifahrerin zu werden. Es ist ein unfassbar beeindruckender Dokumentarfilm über die unterdrückten Frauen in Indien, die hier nicht als Opfer gezeigt werden, sondern als Heldinnen, die versuchen keine Angst zu zeigen, um Vorbild zu sein und die ihren Traum eines selbstbestimmten Lebens mit aller Kraft verfolgen.

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In Dr. Rakhmabai sehen wir die eindrucksvolle Geschichte der ersten indischen Frau, die als Ärztin praktizierte und ihr schwieriger Weg dorthin mit einer Rechtsstreit-Odyssee um ihre mit 11 Jahren zwangsweise vollstreckte Kinderehe.

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In „Poorna“ können wir Malavath Poorna bewundern, die mit 13 Jahren das jüngste Mädchen der Welt ist, das den Mount Everest bestieg.

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In „Mission Mangal“ dürfen hauptsächlich Frauen eine Weltraum-Mission leiten, weil man sich aus Budgetgründen keine Männer dafür leisten konnte. Für Männer kaum zu glauben, aber diese Mission endete äußerst erfolgreich.

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In „The Sky is Pink(Netflix) erfahren wir die Geschichte von Aisha, die in ihrem kurzen Leben mehr verstanden hat, was wirklich wichtig ist, als so viele andere.

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Sehr beeindruckend sind auch immer Polizistinnen, die sich in einer männerdominierten Arbeitswelt als äußert taff erweisen, wie in „Mardaani“, „Soni“ (Netflix) und „Delhi Crime“ (Netflix).

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Laila aur satt geet – Für Laila wird ihre Schönheit zur Bürde in einer männerdominierten Welt. Sie lässt sich nichts gefallen, doch das gefällt den Männern noch umso mehr. Sie wird in dieser Welt keinen Frieden mehr finden.

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In „Dangal“ (Netflix) geht es um zwei Schwestern, die von ihrem Vater zu erfolgreichen Ringerinnen gedrillt wurden. Heldinnen, die alles gegeben haben, um für Millionen von Mädchen ein Vorbild zu sein, die von der Gesellschaft für minderwertig gehalten werden.

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In Mary Kom (Netflix) sehen wir die Geschichte einer Powerfrau, die trotz ihrer Zwillingsmutterschaft ein Comeback startet.

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Aus Indien hört man immer besonders grausame Fälle von Vergewaltigungen. Massenvergewaltigungen sind keine Seltenheit, selbst vor Kindern wird kein Halt gemacht. In den Filmen “Ajji” (Netflix) und “MOM” (Netflix) werden Großmutter und Mutter zu Rächerinnen, nachdem die Vergewaltiger ihrer Tochter/Enkelin aus haarsträubenden Gründen freigesprochen werden.

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Wenn sich all die Moguln und Maharadschas einig gewesen wären und wie Manikarnika, quasi die indische Jeanne d’Arc, an das Wohlergehen des gesamten Indien gedacht hätten, hätten die Briten damals vielleicht nicht so ein leichtes Spiel bei der Besetzung von Indien gehabt. Und während Jeanne d’Arc auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde, ließ sich Manikarnika gar nicht erst gefangen nehmen und verbrannte sich lieber selbst auf dem Schlachtfeld. Was für eine Heldin!

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Laila aur satt geet – Schönheit als Bürde

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(Filmcrew bei der Berlinale)

Laila aur satt geet | The Shepherdess and the Seven Songs. Ein Film in Gurjari/Gojri, eine Sprache, die von Stämmen Indiens, Pakistans und Afghanistans gesprochen werden. Die Volkserzählung der Wanderhirtin Laila ist inspiriert von der Dichtung der kaschmirischen Mystikerin Lalleshwari, die im 14. Jahrhundert lebte und auch als Lalla bzw. Lal Ded bekannt ist (siehe Details aus der Beschreibung der Berlinale)

Laila ist ein wunderschönes junges Mädchen, das zu einem Gujjar-Bakarwal Stamm gehört, eine Gemeinschaft von Nomaden, die mit ihren Schafen in Kaschmir umherzieht. Ab einem gewissen Alter muss man heiraten und so heiratet sie Tanvir, einen Stammesgenossen und sie ziehen vor dem heftigen Schneefall weg weiter ins Tal. Ihr Schönheit wird schnell zum Gesprächsstoff in der umliegenden Gegend. Ein Polizeibeamter und sein Handlanger Mushtaq gehen ins Lager unter dem Vorwand, die Identitäten der Personen prüfen zu müssen. Ihnen geht es aber mehr darum, einen Blick auf die wunderschöne Laila zu erhaschen. Sie sind sehr beeindruckt von ihr. Denn Laila ist mutig und lässt sich nichts gefallen. Erst recht keine Zudringlichkeiten von Männern. Zwischen Mushtaq und Laila kommt es zu einem Spiel, bei dem sie sich Tricks einfallen lassen muss, um sich von seinem offensichtlichen Wunsch fernzuhalten, ihr sexuell näher zu kommen. Leider ist ihr Mann Tanvir auch nur wie ein “Bock”, der nur seinen täglichen Sex mit ihr haben will, ihr aber in keiner Weise behilflich ist, ihr Mushtaq vom Leib zu halten.

Laila Aur Satt Geet zeigt uns im Detail das harte Leben von Nomaden in Kaschmir. Sie müssen heutzutage nicht nur den harten Bedingungen der Natur trotzen, sondern vor allem auch den politischen Gegebenheiten im umkämpften Kaschmir-Gebiet. Ärger mit den Kaschmir Separatisten und den indischen Sicherheitsbeamten gehört zum Alltag. Jede Partei im Kaschmir-Konflikt möchte Kaschmir für sich besitzen. Aber keiner sieht dabei die Menschen, die dort leben. Und die Polizei suhlt sich gern in der Machtposition, den Nomaden zu zeigen, wer am längeren Hebel sitzt. Laila will sich dieser Macht nicht untergeben. Ihr Mann jedoch möchte einfach nur keinen Ärger. Eher nimmt er in Kauf, dass seine Frau von Beamten belästigt wird. Berechtigterweise sagt sie den schlimmen Satz zu ihrem Mann: “Dann schütte mir doch Säure ins Gesicht, dann hat sich das Problem gelöst.” Ihre Schönheit wird ihr in dieser männerdominierten Welt zum Verhängnis. Sie kämpft wie eine Löwin für ihr Schicksal und ihre Bedürfnisse. Sie möchte nicht von allen Männern um sie herum kontrolliert werden. Aber sie hat keine Chance auf ein friedliches Leben und muss ihre Konsequenzen ziehen.  

Laila Aur Satt Geet beinhaltet sieben lokale Volkslieder, um Lailas innere und äußere Welt zu beschreiben. Sieben ist eine sehr bedeutsame Zahl für Sufis (Strömungen im Islam) und wir sehen im Film sieben Phasen in Lailas Leben. Die Lieder wurden nicht extra für den Film geschrieben, sondern für den Film als Vorlage genommen, um die verschiedenen Stimmungen von Laila zu untermalen. Sie fügen sich wirklich wunderbar zur Geschichte. 

Der Film beinhaltet wunderschöne Bilder von Kaschmir, von den Wäldern, dem Leben als Schafhirt. Man möchte am liebsten auch dort umher wandern, aber weiß im gleichen Moment, dass es nicht möglich ist, sich in Kaschmir frei zu bewegen. 

Es ist eine sehr traurige Geschichte, aber auch eine mit sehr starken Bildern und einer wunderbaren und beeindruckenden Darstellerin der Laila. Die kaschmirische “Mystikerin” Lalleshwari kannte ich bisher noch nicht. Der Regisseur sagt im Interview, Hindus und Moslems beanspruchen sie gleichermaßen als eine ihrer populärsten weiblichen Poetin.Sie schreibt in ihren Versen sowohl über den Hinduismus, als auch den Islam, so dass sie als Figur sehr wichtig für den Kaschmir-Konflikt ist. Zudem eine starke Antwort auf all das, was Frauen auch in der heutigen Zeit in Indien erleben müssen und bewegt. Und der Regisseur wollte zeigen, dass sich Indien eben nicht weiterentwickelt, wie es sollte, weil die Politik einem das Leben schwer macht. 

Ein sehr lehrreicher und bildgewaltiger Film.

Director‘s Talk · 29.02.2020 Pushpendra Singh:

https://www.berlinale.de/de/programm/programm/detail.html?film_id=202007647#video-directors_talks

EN

Laila aur sat geet | The Shepherdess and the Seven Songs. A film in Gurjari / Gojri, a language spoken by tribes of India, Pakistan and Afghanistan. The folk tale of the wandering shepherdess Laila is inspired by the poetry of the Kashmiri mystic Lalleshwari, who lived in the 14th century and is also known as Lalla or Lal Ded.

Laila is a beautiful young girl who belongs to a Gujjar Bakarwal tribe, a community of nomads who move around with their sheep in Kashmir. At a certain age you have to get married and so Laila marries Tanvir, a fellow tribal  member and they move further down into the valley because of the heavy snowfall in the hills. Her beauty quickly becomes a topic of conversation in the surrounding area. A police officer and his sidekick Mushtaq go to the tribe’s camp to verify the people’s identities. But it’s more about catching a glimpse of beautiful Laila. They are very impressed by her. Because Laila is brave and doesn’t put up with anything. Certainly no male intrusions. There is a game between Mushtaq and Laila in which she has to come up with tricks to avoid his sexual advances. Unfortunately, her husband Tanvir is just like a “goat” who only wants to have sex with her daily, but is in no way helpful in keeping Mushtaq away from her.

Laila Aur Satt Geet shows us in detail the hard life of nomads in Kashmir. Nowadays you not only have to defy the harsh conditions of nature, but above all the political conditions in the Kashmir area. Trouble with the Kashmir separatists and the Indian security officers is part of everyday life. Every party in the Kashmir conflict wants to own Kashmir. But nobody sees the people who live there. And the police like to show the nomads who have more power. Laila does not want to submit to this power. However, her husband just doesn’t want any trouble. He is willing to accept that his wife will be harassed by officials. In her desperation she says the horrible sentence to her husband: „Throw acid into my face, then the problem will be solved.“ Her beauty has doomed her in this male-dominated world. She fights like a lioness against her fate and for her needs. She doesn’t want to be controlled by all the men around her. But she has no chance of a peaceful life and must face the consequences.

Laila Aur Satt Geet contains seven local folk songs to describe Laila’s inner and outer world. Seven is a very significant number for Sufis (a mystical form of Islam) and we see seven phases in Laila’s life in the film. The songs were not written specifically for the film, but were used as a template for the film to underline the different moods of Laila. They really fit in with the story.

The film contains beautiful images of Kashmir, the forests, life as a shepherd. You want to hike around there too, but you know at the same time that it is not possible to move freely in Kashmir.

It is a very sad story, but also one with very strong images and a wonderful and impressive performance from the actress who portrays Laila. I didn’t know who the Kashmiri “mystic” Lalleshwari was. The director said in the interview that Hindus and Muslims claim her to be one of her most popular female poets, and she writes about Hinduism and Islam in her verses, making her a very important figure in the Kashmir conflict. In addition, a strong answer to everything that concerns women and what they have to deal with in India today. The director wanted to show that India is not developing as it should because the political situation make life difficult for Indians

A very educational and visually stunning film.

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Eeb Allay Ooo! – Affenschreck wider Willen

Indien ist wahrscheinlich das einzige Land in der Welt, in dem es den Beruf des Affenvertreibers gibt. Da in Indien unter anderem auch der Affengott Hanuman verehrt wird, werden Affen wie Götter behandelt und gefüttert. Diese Zutraulichkeit hat natürlich schwerwiegende Folgen: Affenbanden gehen auf Raub- und Plünderjagd und zerstören gern wichtige Dinge wie Sicherheitskameras an Gebäuden. Auch stellen sie natürlich ein Sicherheitsrisiko für alle Menschen dar. Ein Biss kann Tollwut und andere Krankheiten übertragen. Sie niedlich sie auch aussehen und zutraulich sind, sofern sie gefüttert werden. Sie sind immer noch Tiere. Deswegen müssen die Affen regelmäßig vertrieben werden. Aber bitte, ohne ihnen weh zu tun. Sie sind ja schließlich auch heilig. Hauptakteur Anjani verzweifelt im Film an diesem Job, den er aber machen muss, da es keine anderen Jobs für ihn gibt. So viele benötigen einen Job. Seine Versuche, mit allen Mitteln die Affen zu vertreiben, sind wirklich sehr unterhaltsam und urkomisch. Sein Kollege versucht, ihm die Laute beizubringen, mit denen sie die Affen verscheuchen sollen. Eeb Allay Ooo! Aber diese Laute kommen Anjani einfach nicht angst einflößend genug über die Lippen. Die Affen zeigen sich von teilnahmslos desinteressiert bis angriffslustig ihm gegenüber. Er ist ein sehr schlechter Affenvertreiber. Und er hat ja zu recht Respekt vor den Affen. Ich kann seine Angst sehr gut nachvollziehen. Auch ich halte lieber Abstand von freilaufenden Affen. Mir sind in Indien und Sri Lanka schon viele über den Weg gelaufen. Nichts ist passiert. Aber der Respekt bleibt. Man kann nicht einschätzen, wie sie reagieren. In dieser Situation z.B. fühlte ich mich sehr unangenehm, als sich die Affen so ganz nah zu uns setzten. Die Mönche hingegen waren sehr entspannt und gelassen. 

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Anjani hat aber keine Wahl. Er muss diesen Job machen. Er lässt sich gute Dinge einfallen, die Affen auf Abstand zu halten. Aber diese Ideen finden bei seinem Chef keinen Anklang und bringen ihm immer Ärger ein. Oft geht es auch gewalttätig zu. Er braucht diesen Job aber unbedingt. Er lebt mit seiner schwangeren Schwester und ihrem Ehemann im Slum in einer kleinen Unterkunft. Auch wenn alle schwer arbeiten, kommen sie kaum über die Runden. Die Frauenärztin schimpft auf den Ehemann, der seine Frau hochschwanger schuften lässt, aber sie haben keine Wahl. Sie brauchen jede Rupie, um zu überleben. Anjani kann es sich nicht leisten, seinen Job zu verlieren. 

Indische Filme schaffen es immer wieder, Gesellschaftskritik mit einer gehörigen Portion Humor zu verbinden. Über die Situationen mit den Affen kann man wirklich herzhaft lachen. Auf der einen Seite jemand, der verzweifelt versucht, sie zu vertreiben. Auf der anderen Seite schon fast gelangweilte Affen, die dem Vertreibenden sehr viel mehr Angst machen. Die Geschichte dahinter, der Versuch, das tägliche schwere Leben zu meistern, ist eine von Millionen in Indien, aber sollte einem immer wieder vor Augen geführt werden. Die Slums werden gern vor der Öffentlichkeit versteckt. Donald Trump ist gerade in Indien zu Besuch und es werden Mauern hochgezogen, um die Slums zu verstecken, an deren Trumps Kolonne vorbeikommen könnte. Die Filmemacher wissen nicht, wie viel vom wirklichen Indien hier in Europa ankommt. Sie wollen zeigen, wie die Leute leben müssen, die die großen Häuser bauen, damit Indien vor allem Wohlstand und Modernität suggeriert. Die aber kaum davon leben können. Auch das ist Indien.

Die Filmemacher haben den Film so gestaltet, dass er wie eine Dokumentation wirkt. Also das reale Leben widerspiegelt. Die Herausforderung war, die Stadt mit einzubeziehen, ohne als Filmteam sichtbar zu sein. Das ist ihnen sehr gut gelungen. 

Mit meinem Wissen darüber, wie man Affen sehr effektiv verjagen kann, wäre der Film deutlich kürzer gewesen. Ich habe in Sri Lanka gelernt, dass man nur eine Gorillamaske aufsetzen muss und schon sind alle Affen weg. Aber der lange Weg des Herausfindens, wie man Affen ohne Gewalt vertreiben kann, ist sehr lustig anzusehen. Das ist der feinfühlige Humor, den ich schätze. Zusammen mit der Tiefe, die das reale Leben in Indien mit allen Schwierigkeiten zeigt. Wunderbar!

EN

India is probably the only country in the world where the profession of monkey chaser exists. Since the monkey god Hanuman is also worshipped in India, monkeys are treated and fed like gods. Of course, this contact with humans has serious consequences: gangs of monkeys hunt and plunder and like to destroy important things like security cameras on buildings. In addition, they also represent a safety risk for all people. A bite can transmit rabies and other diseases. They look cute and seem harmless when being fed. But they are still animals. That is why the monkeys have to be driven out regularly from important buildings or tourist spots. But carefully, without hurting them. After all, they are also holy. In the film the main actor Anjani is not doing very well in this job, but he has to do it because there are no other jobs for him. His attempts to chase away the monkeys by any means are really entertaining and hilarious. His colleague tries to teach him the sounds with which they are supposed to scare away the monkeys. Eeb Allay Ooo! But these sounds just don’t come out scary enough across his lips. The monkeys‘ reactions range from disinterested to aggressive. He is a very bad monkey chaser. I can understand his fear very well because he has a good reason to respect the monkeys. I also prefer to stay away from free-range monkeys. I have come across many monkeys in India and Sri Lanka and luckily nothing has happened. But the respect remains. You cannot assess how they react.

Anjani has no choice. He has to do this job. He comes up with good ways to keep the monkeys at a distance. But these ideas are not well received by his boss and always get him in trouble. His boss becomes violent with him. But he absolutely needs this job. He lives with his pregnant sister and her husband in a slum. Even if everyone works hard, it’s hard to survive for them. The gynecologist scolds the husband, who has his wife working while she is pregnant, but they have no choice. You need every rupee to survive. Anjani cannot afford to lose his job.

Indian films always manage to combine social criticism with a nice dose of humor. You can really laugh heartily at the situations with the monkeys. On the one hand, you have someone who is desperately trying to chase them away. On the other hand, you have almost bored monkeys which scare the chaser much more. The story behind it, the attempt to cope with the difficulties of daily life and should always be kept in your mind. The slums are often hidden from the public. Donald Trump is currently visiting India and walls are being built to hide the slums that Trump’s convoy might pass. The filmmakers don’t know how exposure Europeans have to the realities of life in India. They want to show how hard it is for the people to survive, the very people who build all the big houses that allow India to project an image that suggests prosperity and modernity. That is also Indian.

The filmmakers have designed the film so that it looks like a documentary. It reflects real life. The challenge was to involve the city without being visible as a film team. They succeeded very well.

With my knowledge of how to chase away monkeys very effectively, the film would have been much shorter. I learned in Sri Lanka that you only have to put on a gorilla mask and all the monkeys are gone. But the long road of figuring out how to drive away monkeys without violence is very funny to watch. That is the sensitive sense of humor that I appreciate. Along with the depth shows that real life in India with all it’s difficulties. Wonderful!

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Yeh Ballet – Der Sprung in ein besseres Leben

Ballett und Mumbai…diesen Zusammenhang hatte ich bisher noch nie gesehen. Aber nach dem Film macht das Sinn. Um als Tänzer international Karriere machen zu können, bringen einen die schönsten indischen Tänze nicht weiter. Auf den großen Bühnen der Welt wird Ballett getanzt.

Der Film beruht auf einer unglaublichen und doch wahren Geschichte, basierend auf dem Leben von Manish Chauhan und Amiruddin Shah. Die zwei Jungs Asif and Nishu aus dem Fischerdorf Worli in Mumbai schaffen den riesigen Sprung aus dem Slum ins Ausland. Die beiden Jungs haben keine andere Chance. Ihnen wird keine andere Chance gegeben. Sie können entweder den Weg wählen, mit Kriminellen zusammen zu arbeiten und damit gutes Geld zu verdienen. Oder sie können ein Leben lang Taxifahrer sein, ohne jemals den Fuß in eine bessere Welt zu schaffen. Doch dann ermöglicht ihnen die Ballettschule einen großen Traum. Den Weg hinaus in die Welt. Für Millionen Menschen bleibt es ein Traum. Doch die beiden arbeiten hart, denn sie haben dieses eine Ziel. Sie wissen nichts von Ballett und können kaum Englisch, geschweige denn Französisch. Und die Gesellschaft? Legt ihnen weitere Steine in den Weg! Trotz Stipendium in den USA verwehrt ihnen die Botschaft ein Visum. Ich kenne dieses Problem persönlich. Alles stimmt, nur diejenigen haben dann keinen Besitz, weshalb in Frage steht, ob sie zurück kommen werden. Selbst ein einfaches Touristenvisum wird aus diesem Grund abgelehnt. Wie soll denn ein besitzloser Mensch jemals die Chance bekommen, aus seiner Situation heraus zu kommen, wenn ihm nie eine Chance gegeben wird?

Leider ist mir der Film zu weich gespült. Ja vielleicht schauen die Leute einen weich gespülten Film eher, als einen, der einem all die schwerwiegenden Konflikte aufzeigt, die das Leben in Indien so mit sich bringt. Wie hart das Leben für die beiden Jungs wirklich ist, kommt nicht so wirklich heraus. Eher erscheint das Leben in Worli wie eine bunte Tanzveranstaltung. Auch die Konflikte mit dem Vater, der seinem Sohn das Tanzen verbietet, weil das kein richtiger Job ist und sie ihm seine Ausbildung nicht bezahlt haben, damit er am Ende auf Hochzeiten und Geburtstagen tanzt, ist sehr abgeschwächt und fast harmlos dargestellt. Ebenso der Konflikt, dass für einen Muslim Tanzen und Musik nicht erlaubt ist, endet im recht schnellen Verständnis der Eltern, dass das Tanzen eine Gabe ist, die man pflegen sollte. Womit ich aber so überhaupt nicht klar gekommen bin, ist die Darstellung des Tanzlehrers von Julian Sands. Wie haben sie es hinbekommen, dass er wie ein furchtbarer Laienspieler wirkt? Daneben wirkten ja selbst die Jungs professioneller.

Insgesamt ist es natürlich immer toll, wenn man von solchen Geschichten hört, die so unglaublich sind, aber auf wahren Tatsachen beruhen. Eine Chance wie ein Lottogewinn. Raus aus der Armut. Mich würde jetzt sehr interessieren, ob die beiden wirklich ihr Glück im Ausland gefunden haben. Ich habe natürlich die Bilder aus Mumbai genossen. Die Erinnerung an eine schöne Zeit in Mumbai. Ich weiß sehr wohl zu schätzen, dass ich einen Reisepass besitze, der mich fast überall hinreisen lässt.

Vielleicht könnte man aus dem Film eher eine Serie wie „Golden Boy – Selection Day“ machen? Mit etwas mehr Tiefe. Die Story an sich ist wirklich sehr inspirierend und verlangt irgendwie nach mehr…

Zu sehen bei Netflix: https://www.netflix.com/de/title/81101795

EN

Ballet and Mumbai … I had never seen this pairing before. But after watching this film it makes sense. In order to be able to make a career internationally as a dancer, the most beautiful Indian dances won’t get you anywhere if you want to have an international career as a dancer. Ballet is danced on the most famous stages of the world.

The film is based on an incredible, yet true story, based on the lives of Manish Chauhan and Amiruddin Shah. The two boys in the film named Asif and Nishu, from the fishing village Worli in Mumbai make the giant leap from the slum to abroad. The two boys have no other chance. They will not be given another chance in life. They can either choose to work with criminals and make good money, or be a taxi driver for a lifetime without ever moving up in the world. But then the ballet school makes their dream come true and gives them a way out into the world. Such a situation remains a dream for millions of people. But the two work hard because they have this one goal. They know nothing about ballet and can hardly speak English, let alone French. And society? Society put more stones in their way! Despite receiving a scholarship in the United States, the embassy denies them a visa. I know this problem personally. All the paperwork is correct, only those that have no property are denied a visa. For this reason, even a simple tourist visa is refused. How can a person without financial assets ever get the opportunity to get out of his situation if he is never given a chance?

Unfortunately, the film was too superficial for me. Yes, I know, people like to watch a feel good film instead of one that shows you all the serious conflicts of life in India. How hard life really is for the two boys doesn’t really come across. Life in Worli appears more like a colorful dance event. The conflicts with the father, who forbids his son from dancing because it is not a real job and they have not paid him for his training so in the end he can dance at weddings and birthdays, is very relaxed and almost harmless. Likewise, the conflict that dancing and music is not allowed for a Muslim mutates in the parents‘ quick understanding that dancing is a gift that should be cultivated. What I didn’t get along with at all is the portrayal of Julian Sands‘ dance teacher. How did they manage to make him look like a terrible amateur? It seems that Julian Sands portrayal of the dance teacher is wasted. Even the boys looked more professional.

Overall, of course, it’s always great to hear about stories which are so incredible, yet based on real facts. An opportunity like winning the lottery. Getting out of poverty. I would be very interested to know whether the two really found their luck abroad. Of course I enjoyed the images from Mumbai. The memory of a good time in Mumbai. I appreciate very much that I have a passport that allows me to travel almost anywhere.

Maybe they could make a series like „Golden Boy – Selection Day“? With a little more depth. The story itself is really very inspiring, yet somehow requires more … 

Watch on Netflix: https://www.netflix.com/de/title/81101795

 

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Mogul Mowgli – Wer bin ich?

Ein Filmemacher und ein Rapper machen quasi einen Film für sich selbst, der ihnen bei der Suche nach ihrer Identität helfen soll. Rapper Riz Ahmed „Riz MC“ spielt im Film den Rapper Zaheer, Sohn pakistanischer Eltern, aufgewachsen in Großbritannien. Zaheer möchte gern nur Zed genannt werden, er lebt schließlich nicht in Pakistan, und hat auf dem Weg seiner Karriere selten Zeit für seine Eltern. Bis ihn eine sehr schwere Autoimmun-Krankheit dazu zwingt, dass sich alle wieder näher kommen. Schnell wird klar, dass er die bevorstehenden Tour nicht antreten kann. Er soll auf der Tour durch Rapper RPG ersetzt werden, der Songs wie „Pussy Fried Chicken“ performt und Zed ist nicht sehr begeistert, hat aber keine Wahl. Am Ende performt RPG sogar Zeds neuesten Song „Toba Tek Singh“. „Toba Tek Singh“ ist eine Kurzgeschichte von „Manto“ über die von den Briten bestimmte Teilung Indiens in Indien und Pakistan, die unendlich viel Leid verursachte.

Während Zed mit der Krankheit kämpft, schwirrt ständig der Geist der Vergangenheit um ihn herum in Form eines Mannes, der den traditionellen Blumenkopfschmuck eines Bräutigams in Indien trägt. Wenn man sich mit sich selbst beschäftigt, kann man nicht außen vorlassen, woher man stammt. Es begleitet einen immer mit. Dies in Form einer solchen Gestalt zu visualisieren, finde ich eine recht geniale filmische Umsetzung. Riz Ahmed meint, wir sind keine Individuen. Wir sind immer Teil einer Familie. Sie gehört zu dem, wer wir sind.

Der Film zeigt wunderbar deutlich die Zerissenheit zwischen dem Leben in Großbritannien und dem Erbe des zurückliegenden Lebens in Indien/Pakistan. Das Mogulreich auf dem indischen Subkontinent war einst ein riesiges Reich. Heutzutage fühlt man sich als Mowgli zwischen den Welten, nicht genau wissend, wohin man wirklich gehört. Wird man so zerrissen jemals bei sich ankommen können?

Der schwarze Humor kommt in diesem Film nicht zu kurz, besonders an dem Punkt, als Zed sein Sperma einfrieren soll, das bei der Therapie geschädigt werden könnte. Natürlich ist einem nicht wirklich zum Lachen zumute, denn Riz Ahmed spielt alles so fucking überzeugend. Am Ende fühlte ich mich fast selbst krank. Es kein Gute-Laune-Film. Aber auch keiner, der einen herunter zieht. Da hat sich einfach nur jemand berechtigterweise die Frage gestellt, wer man eigentlich ist. Und überzeugend filmisch bebildert.

Regisseur Bassam Tariq meinte, eine Filmcrew wie ihre sieht man wohl selten im europäischen Filmbusiness. Leider ja. Ich find es toll. Ich mag die Durchmischung von Kulturen. Und die Auseinandersetzung mit diesem Thema. Und dass Rap dabei helfen kann, seine Gefühle auszudrücken, hatte ja schon „Gullyboy“ hervorragend gezeigt.

EN

A filmmaker and a rapper basically made a film for themselves to help them find their identity. Rapper Riz Ahmed “Riz MC” plays the rapper Zaheer, son of Pakistani parents, who grew up in Great Britain. Zaheer would just like to be called Zed, after all, he doesn’t live in Pakistan, and rarely has time for his parents alongside of his career. Then a very serious autoimmune disease forces him to get closer with his parents again. It quickly becomes clear that he cannot do the upcoming tour because his disease is too serious. He is to be replaced on the tour by rapper RPG, who performs songs like „Pussy Fried Chicken“ and Zed is not very enthusiastic about this, but has no choice. In the end, RPG even performs Zed’s latest song „Toba Tek Singh“. „Toba Tek Singh“ is a short story from the Indian poet „Manto“ about the division of India into India and Pakistan, which was determined by the British, and which has caused infinite suffering.

While Zed struggles with his disease, the spirit of the past buzzes around him in the form of a man wearing the traditional flower headdress of a groom in India. When you take a closer look at yourself, you cannot ignore where you come from. It always accompanies you. Visualizing this in the form of such a shape is a very ingenious film implementation. Riz Ahmed says we are not individuals. We are always part of a family. We are who we are because of them.

The film wonderfully shows the conflict between life in Great Britain and the legacy of the past life in India / Pakistan. The Mughal Empire on the Indian subcontinent was once a huge empire. Nowadays you feel like a Mowgli from the jungle between two worlds, not knowing exactly where you really belong. Would you ever be able to find yourself like this?

Black humor is not missing from this film, especially at the point when Zed is supposed to freeze his sperm, which could be damaged during therapy. Of course you don’t really laugh, because Riz Ahmed plays everything so damned convincingly. In the end, I almost felt as if his illness was my own. It’s not a feel-good movie. But also no film which puts you in a bad mood. Someone justifiably asks himself who he really is. And the film convincingly illustrates this.

Director Bassam Tariq said that a film crew like theirs is rarely seen in the European film business. That is unfortunately true. However, I think what they are doing as filmmakers is great. I like mixing cultures and movies dealing with this topic. „Gullyboy“ has already shown that rap can help express feelings.

 

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