Bollywoodelfe's Blog

Eine deutsche Sicht auf Bollywood, Indien , Pakistan

Firebrand – gebrandmarkt durch Missbrauch

Gerade sorgt die „Dauerausstellung“ #maennerwelten für großes Aufsehen. Eine Aktion gegen sexuelle Belästigung. Vor allem das ungewollte Zusenden sogenannter „Dick-Pics“ kennen wohl die meisten Frauen aus eigener Erfahrung. Ich habe mal gelesen, dass Männer das in der Hoffnung machen, sie würden dann im Gegenzug auch solche Fotos von der Frau bekommen. Und sie lieben ihr bestes Stück einfach sehr. Weil sie es immer vor Augen haben. Für sie ist das ein Heiligtum. Während Frauen zu ihrem Geschlechtsteil oft keine so liebenswerte Beziehung haben. Weil sie sich nicht den ganzen Tag damit beschäftigen wie Männer. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie mein Neffe seinem Penis hoch ehrenvoll Lobeslieder gesungen hat, als er klein war. Da ich mit Schwestern aufgewachsen bin, war mir diese Glorifizierung des Geschlechtsteils bis dahin gar nicht so bekannt. Bringen Eltern ihren Söhnen eigentlich bei, dass das ungefragte Versenden von Dick-Picks keine gute Idee ist?

Ich habe neulich den Film „Firebrand“ bei Netflix gesehen und war danach etwas verstört. Eine Scheidungsanwältin vertritt ihre Klientinnen erfolgreich auch in schwierigen Fällen. Schwerpunkt misshandelte Frauen, denn sie selbst wurde Opfer sexueller Gewalt. Ihre eigene Ehe leidet unter ihrem Trauma als sexuellem Missbrauchsopfer, denn als  fällt es ihr schwer, eine wirklich intime Bindung mit ihrem Ehemann einzugehen. Die Sitzungen bei einem Psychologen bringen sie nicht viel weiter. Ich kann an dieser Stelle natürlich nicht verraten, welches fragwürdige Ende dieser Film nimmt. Aber ich habe das Gefühl, dass sich Missbrauchsopfer da nicht wirklich wiederfinden in dem, wie man sein Trauma überwinden kann. Ohne ins Detail zu gehen: natürlich kann man sich nach so einem Erlebnis sagen: ich lasse das hinter mir. Was geschehen ist, ist geschehen. Ich möchte im Hier und Jetzt leben. Aber wenn es so einfach wäre wie in diesem Film, dann wäre ja alles gar nicht so schlimm. Das Ende fühlt sich definitiv ziemlich komisch an. Dabei würde es wohl sehr, sehr vielen Frauen gut tun zu sehen, wie man das Geschehene verarbeiten kann, damit man als Missbrauchsopfer zurück ins Leben kehren kann.

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No one killed Jessica – frei gekauft

Basierend auf einem wahren Fall: 300 Partygäste als Zeugen in der Tatnacht, 7 davon sahen genau mit an, welcher Mann Jessica erschoss. Ein wasserdichter Fall. Aber nicht, wenn der Mörder der Sohn eines einflussreichen Politikers ist. Dann gibt es am Ende einen Freispruch. Somit hat niemand Jessica getötet.

Dieser Film erzählt, wie einfach es in Indien sein kann, sich als Täter frei zu kaufen. Zeugen werden beeinflusst und eingeschüchtert, Polizisten bestochen. Alles ganz normal. Alles ganz einfach. So kommt es auch oft vor, dass Opfern von Vergewaltigungen keine Gerechtigkeit widerfährt. Als reicher Mensch hat man offensichtlich einen Freibrief, auch für Mord und Vergewaltigung. Doch in diesem Fall lehnt sich das Volk auf und fordert Gerechtigkeit. 

Ich finde den Film wirklich toll! Spannend zu sehen, wie einfach es ist, einen wirklich klaren Fall so zu drehen, dass der eindeutige Täter letztlich doch frei kommt. Immer wieder unfassbar. Auch zu sehen in Filmen wie Court oder MOM. Es ist haarsträubend, aber es passiert wirklich in indischen Gerichten. Auch der Fall von Jessica ist keine reine Filmphantasie.

Und wie wunderbar diese zwei Top-Schauspielerinnen Rani Mukerji und Vidya Balan spielen! Endlich mal wieder Frauen, die jenseits der 30 sind. Ganz ohne Designerfashion und High-End Make-Up strahlen sie in diesem Film so beeindruckend, dass mir das Herz aufgeht. Bollywood braucht solche Schauspielerinnen. Genau so wird dieser Film zu einem nachhaltigen Film, den man so schnell nicht mehr vergessen wird.

Zu sehen auf Netflix: https://www.netflix.com/de/title/70139076

 

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Court – gefangen in Absurdistan

Wenn ihr mal sehen wollt, wie sich aus einer eigentlich an den Haaren herbei gezogene Anklage zu einem unendlichen Gerichtsverhandlungsmartyrium entwickelt, dann seid ihr hier richtig . Der Fall an sich ist zwar fiktiv, aber er könnte sich genauso zutragen und das ist wirklich erschreckend. Wenn ein Polizist dich im Gefängnis sehen will, dann wird er es schaffen, egal wie absurd die Anklagepunkte sind.

Narayan Kamble ist ein Poet, bekommt keine Rente und hält sich mit Unterricht und Gesangsauftritten über Wasser. Wir sehen am Anfang einen schönen Auftritt von ihm und seine Verhaftung. Die Anklage lautet: Beihilfe zum Selbstmord. Ein Kanalarbeiter ist tot aufgefunden worden. Die Polizei geht von Selbstmord aus. Zwei Tage nachdem Narayan Kamble einen Auftritt vor den Kanalarbeitern hatte und angeblich Lieder sang, die zum Selbstmord anstiften. Wir hören einen sehr ausführliche Anklageschrift, die vor Absurditäten nur so strotzt. Trotzdem will der Richter Narayan nicht auf Kaution frei lassen, er muss erstmal in Untersuchungshaft.

So gehen dann auch bald unendliche Prozesstage ins Land. Immer wieder wird der Prozess vertagt, weil irgend ein absurder Beweis geprüft werden muss. Da wurde z.B. ein Brief mit Belanglosigkeiten in der Wohnung des Angeklagten gefunden (Durchsuchung ohne Durchsuchungsbefehl) und weil der Polizist in diesen Belanglosigkeiten einen Geheimcode von Extremisten sieht, verschiebt sich der Prozess um eine weitere Unendlichkeit, weil der Geheimdienst erstmal diesen Geheimcode entziffern soll.

Zwischendurch sehen wir das Privatleben von Verteidiger und Anwältin. Was auch schon wieder absurd wirkt. Es hätte mich ja interessiert, wie es dem armen Angeklagten geht, etwas aus seinem Leben. Stattdessen sehen wir, wie sich der Verteidiger mit seinen Eltern beim gemeinsamen Essen über das Thema Heirat streiten muss und nach Feierabend diverse Spirituosen kauft. Oder die Anwältin der Anklage im Zug nach Hause sitzt und mit ihrer Sitznachbarin über diverse Alltagsthemen spricht. Ganz normale Menschen eben, die aber für den Ausgang dieses absurden Prozesses sehr entscheidend sind und den Fortgang eines Menschenleben entscheidend beeinflussen.

Der Verteidiger kann dann letztlich alle an den Haaren herbei gezogenen Anklagepunkte stichhaltig entkräften. Was aber nicht heißt, dass der arme Poet nicht ohne Strafe davon kommt und sein Martyrium ein Ende hat. Nein, da wartet die Anklage auch schon mit einer neuen Anklage auf und das Drama beginnt von vorne.

Unglaublich deprimierend, wie machtlos man gegen die Mühlen der ewig mahlenden Justiz sein kann. Aber filmisch sehr interessant dargestellt. Es ist jederzeit spannend, wie sich das Drama weiter und weiter zuspitzt. Absurd gut. Der Film wurde zurecht mit einigen Filmpreise ausgezeichnet.

Zu sehen bei Netflix: https://www.netflix.com/de-en/title/80017218

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