Bollywoodelfe's Blog

Eine deutsche Sicht auf Bollywood, Indien , Pakistan

Mersal – Menschen retten vs. Business

Zu sehen bei Netflix: https://www.netflix.com/de/title/81016196

Es ist immer wieder erstaunlich, mit wieviel bombastischer Unterhaltungstechnik und Dramatik die Zuschauer für Filme begeistert werden sollen, die eigentlich mit schwerwiegender Gesellschaftskritik aufwarten. Hier geht es um das korrupte Gesundheitswesen in Indien und zwei Brüder, die sich an der bestechlichen Ärzteschaft rächen wollen, denn wenn die Medizin zum Business wird, geht es nicht mehr darum, Menschen zu retten, sondern möglichst viel Gewinn aus einer gesundheitlichen Notlage zu schlagen. Eine normale Geburt bringt so gut wie nichts, viel besser ist es, einen Kaiserschnitt zu machen, woraufhin die Mutter noch viele Tage in der Klinik verbringen muss. Krankenwagenfahrer fahren Unfallopfer nicht zum nächstgelegenen Krankenhaus, sondern in das Krankenhaus, was am meisten Gewinnanteil verspricht, je nach Behandlung, die für das Opfer nötig ist.

Für den größtmöglichen Unterhaltungsfaktor ist einer der Brüder ein Magier, der den Film schon fast in einen Fantasy-Film verwandelt. Dabei ist das Thema leider alles andere als Fantasie. Gerade heute habe ich die Meldung gelesen, dass 2.500 Inder mit Salzwasser gegen Corona geimpft wurden, weil die Ärzte damit Geld machen wollten. Ein Leben ist nichts wert. Es zählt nur das Geld. Die indische Ärzteschaft hat auf diesen Film entsprechend verärgert reagiert und ihn besonders stark auf illegalen Webseiten geteilt, um dem Film einen größtmöglichen Schaden zuzufügen, was die Einnahmen betrifft. Es soll sich nicht lohnen, Filme mit solch starken Aussagen gegen sie zu machen. Ein guter Grund, sich den Film legal anzuschauen.

Aber es ist doch schön zu wissen, dass der Film inspiriert ist von einem Arzt, der nur 2 Rupien von seinen Patienten für die Behandlung nimmt. So einem Menschen einen Film zu widmen, finde ich immer etwas wert.

Oft ist es ja so, dass indische Filme für europäische Zuschauer unfreiwillig komisch sind. In diesem Film musste ich wirklich herzlichst lachen, weil einige Teile laut Film in Paris spielen sollen, aber in Wirklichkeit in der polnischen Stadt Danzig gedreht wurden. Allein für dieses lustige Schauspiel lohnt sich der Film anzuschauen.

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Jagame Thandhiram – das Leid der Tamilen

Zu sehen bei Netflix

Für die meisten von uns, wenn überhaupt, ist der Bürgerkrieg in Sri Lanka nur eine historische Begebenheit, von der wir gelesen oder gehört haben. Dieser tamilische Film zeigt uns den unglaublichen Schmerz der zivilen Opfern dieses Krieges, der noch lange nicht mit dem Krieg endet. Ich finde es sehr wichtig, dass uns das Leid dieses Krieges in cineastischer Form nahe gebracht wird, von daher möchte ich über diesen Film schreiben, auch wenn er nicht unbedingt eine Empfehlung zum Ansehen von mir ist.

Vielleicht noch zum Verständnis für diejenigen, die sich nicht so sehr mit dem Bürgerkrieg in Sri Lanka auskennen: 1948 erlangte Ceylon (ab 1972 Sri Lanka) die Unabhängigkeit vom britischen Königreich. Die singhalesische Bevölkerungsmehrheit versuchte, ihren Herrschaftsanspruch durchzusetzen. Rund 700 000 indische Tamilen werden vom Zugang zum Bürgerrecht ausgeschlossen. Tamilen und Singhalesen unterscheiden sich in Kultur und Sprache. Die meisten Tamilen sind Hindus, die meisten Singhalesen sind Buddhisten. Die Regierung ließ tamilische Unruhestifter verschwinden, reduzierte mit Quotenregelungen die Zahl der tamilischen Studenten und ernannte den Buddhismus zur Staatsreligion. Für die Tamilen bedeutete die Vorherrschaft der Singhalesen nur Unterdrückung. Die 1976 gegründeten LTTE (Liberation Tigers of Tamil Eelam), die für einen unabhängigen Tamilenstaat im Norden Sri Lankas eintraten, töten 1983 in der Nähe von Jaffna 13 Armeeangehörige. Der Angriff gilt als Beginn des Bürgerkriegs. Indien versuchte mit Soldaten Frieden zu bringen, zog dann aber nach tausenden getöteten Soldaten wieder ab. Nach dem Abzug wurde der Krieg noch blutiger. Die Uno schätzt, dass in der Schlussphase des Kriegs zwischen 40 000 und 70 000 Zivilisten getötet wurden. Am 18. Mai 2009 erklärte der sri-lankische Armeechef, das gesamte Land sei «befreit».

Ich selbst habe den Norden von Sri Lanka bereist. Ich habe große Ehrendenkmäler für die heroischen Soldaten gesehen, aber keine für die vielen zivilen Opfer. Man fragt sich manchmal: sind die Häuser vom Tsunami zerstört, oder vom Bürgerkrieg? Überlebende erzählen, wie sie eingekesselt von Flugzeugen bombardiert, beschossen wurden. Ohne Rücksicht auf Unschuldige. Genau diese Erfahrungen werden in „Jagame Thandhiram“ aufgearbeitet und uns bildlich vor Augen geführt. Wer dies überlebt hat, konnte nur noch versuchen, aus Sri Lanke zu fliehen. In Indien war man als Flüchtling nicht willkommen. Es blieb noch die illegale Einwanderung nach Europa. Mit der geringen Aussicht auf den Erhalt eines Status, mit dem ein normales Leben in einem Land wie z.B. Großbritannien möglich ist. So „normal“ wie man eben unter Bedingungen leben kann, in denen „Fremde“ nicht erwünscht sind.

In der ersten Hälfte des Films geht es um zwei Gangsterbosse in London. Der Londoner Boss holt sich einen abgefuckten tamilischen Klein-Gangster aus Indien, um den dortigen tamilischen Gangsterboss aus dem Weg zu räumen. Das ist bis dahin alles ziemlich blutig und brutal, manchmal etwas tarantinoesk. Der Klein-Gangster aus Indien ist natürlich obercool, unschlagbar und unfassbar gerissen. Töten ist sein Hobby und gar kein Problem für ihn. Letztlich ergibt zum Glück alles einen Sinn, wenn man den ganzen Hintergrund des tamilischen Gangsterbosses erfährt. Bis dahin muss man den Film irgendwie aushalten. Vor allem diese englischen Laienschauspieler. Ich verstehe es nicht. In jedem verdammten indischen Film ist es immer dasselbe: die westlichen Schauspieler sind einfach nur furchtbar. Liegt das daran, dass sie im direkten Vergleich mit indischen Schauspielern so laienhaft emotionslos wirken oder werden sich extra billige Schauspieler eingekauft oder bezahlen die Leute dafür, dass sie im Film mitspielen dürfen und sind gar keine Schauspieler? Ich finde das auch hier wieder einfach nur zum Kopfschütteln und grottenschlecht.

Im Grunde geht es dann sehr viel um die Probleme von Einwanderern, die gegen die „White Power“-Mentalität im dortigen Land ankämpfen müssen. Alles ganz schön viel Klischee. Der böse weiße Mann gegen armen Flüchtling. Am Ende wird es fast zu kitschig, als sie versuchen, dem „White-Power“-Boss zu zeigen, was es bedeutet, ein Flüchtling zu sein. So ganz wird es nicht funktionieren, schließlich ist er ein weißer, alter Mann. Er wird kein Problem bekommen, auch ohne Papiere, die ihn als Engländer ausweisen. Aber das ist dann unserer Fantasie überlassen.

Die Reviews auf imdb.com bewerten den Film eher als unterirdische Zeitverschwendung. Für die erste Hälfte des Films würde ich das auch so sehen. Und ein Gangsterboss, der als Robin Hood gutes tut, ist wohl auch etwas zu viel des Guten. Was ich aber nicht als Zeitverschwendung ansehe ist, dass den zivilen Opfern des Bürgerkrieges in Sri Lanka wenigstens ein cineastisches Denkmal gesetzt wird.

Meine Begegnungen mit den Erinnerungen an den Bürgerkrieg in Sri Lanka:

Wie kann sich eine Gesellschaft weiterentwickeln während fast drei Jahrzehnten Bürgerkrieg? Man bekommt in Sri Lanka das Gefühl: kaum. Der Status von Frauen ist dort noch wie hier in den 70er Jahren. Es ist sehr sehr hart, Geld zu verdienen. Viele möchten nach Europa in der Hoffnung, dort ein besseres Leben führen zu können. Doch es ist nicht alles Gold, was glänzt…

Weiterführende Informationen:

Massaker im Paradies –eine Chronologie des Bürgerkriegs in Sri Lanka

Weltspiegel-Reportage: Sri Lanka – Die lange Reise zum Frieden

Der lange Weg zum inneren Frieden

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Blinded by the Light – the power of music

Ich mag ja Filme sehr, die auf wahren Begebenheiten basieren. So eine Geschichte berührt einen gleich nochmal mehr. „Blinded by the light“ basiert auf den Memoiren Greetings from Bury Park des Journalisten und Schriftstellers Sarfraz Manzoor.  Wir begleiten in diesem Film Javed, einen 16 jähriger Jungen, der in Luton (England) aufwächst und dessen Eltern ursprünglich aus Pakistan stammen. Wir erleben eine wahrscheinlich in der Konstellation sehr typische, anstrengende Vater-Sohn-Beziehung. Der Vater möchte gern seine Traditionen und Werte auch in England beibehalten und weiß natürlich, was das Beste für seine Kinder ist. Javed soll um alles in der Welt einen „ordentlichen“ Job machen, damit er nicht so hart wie sein Vater in der Fabrik schuften muss. Der Vater meint, er ist ja kein typisch pakistanischer Vater, der für ihn bestimmt, dass er Arzt werden soll. Er lässt ihm ja noch die Wahl einen Job wie Anwalt oder Architekt. Hauptsache ein Job, der viel Geld bringt und überall angesehen ist. Javed kann aber und will am Ende auch nicht so über sein Leben bestimmen lassen. Sein Interesse gilt dem Schreiben. Das ist seine große Leidenschaft. Zum großen Ärger seines Vaters. Und als ein Freund von Javed ihm Kassetten vom „Boss“ Bruce Springsteen zu hören gibt, kommt es zur großen dramatischen Rebellion, denn die Texte geben Javed den Mut, für seinen Traum zu kämpfen…

Ich habe den Film jetzt zum zweiten Mal gesehen. Einmal im Kino und jetzt nochmal bei Netflix. Und ich könnte ihn sicher nochmal ansehen. Es ist wirklich eine sehenswerte Tragikkomödie. Bei aller Tragik, die in diesem Culture Clash Thema steckt, bleibt alles immer auch humoristisch. Großartig finde ich auch die Zeitreise in die 80er. Wirklich original, wie es damals alles war. Wer in dieser Zeit auch ein Teenager war, wird sich an so vieles zurück erinnern. Ein Bruce Springsteen-Fan werde ich durch diesen Film sicher nicht, aber es ist absolut ansteckend, wenn Javed angestachelt von den Texten, sein Leben umkrempelt. Bisher haben er und seine Schwester irgendwie versucht, das „normale“ Leben als Teenager in England trotz aller Verbote und Einschränkungen durch den Vater irgendwie mitzuerleben. Wir sehen auch, wie die Migranten mit dem täglichen Rassismus umgehen müssen. Luton war eine Neonazi-Hochburg zu der Zeit, und manchmal hilft wie im Film auch einfach weglaufen, auch wenn es demütigend ist.

Am Ende wird es vielleicht etwas zu rührselig und unrealistisch, aber das kann man verkraften. Ein absoluter Feelgoodmovie.

Zu sehen bei Netflix: https://www.netflix.com/de/title/80997140

In dem Zusammenhang möchte ich auch unbedingt die Serie „Citizen Khan“ von der BBC empfehlen. Mr. Khan, aus Pakistan eingewandert nach Birmingham, ist ein selbsternannter patriarchalischer Gemeindevorsteher, der versucht nach bestem Wissen die guten pakistanischen, muslimischen Werte in England zu zelebrieren. Mr. Khan verzettelt sich in jeder Folge sehr humorvoll. Zum Beispiel, als er versucht, seine Tochter, die ihr Examen nicht bestanden hat, in einer katholischen Schule unterzubringen und dafür so tut, als wäre er auch Katholik. Nachdem der Direktor zu verstehen gibt, dass sie nur noch seltene religiöse Gruppen zulassen, ist er plötzlich doch wieder Muslim, aber eine ganz besondere Gruppe, die auf einem Bein betet und dabei Karotten isst. Ich liebe ja diesen britischen schwarzen Humor. Ich weiß nicht, wie der Großteil der Muslime diese Serie findet, aber ich glaube, junge Leute können auf jeden Fall darüber lachen, wenn sie ihre Eltern darin wiedererkennen, die ständig versuchen, trotz „schlechtem“ Einfluss fremder Kulturen den muslimischen Werten zu folgen, die sie gelernt haben und an die sie glauben und die sie genauso an ihre Kinder weitergeben möchten, auch wenn die Umgebung sehr viel anders ist, als die, in der die Eltern aufgewachsen sind.

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The power of Mandela

Ich möchte diesen tamilischen Film allen ans Herz legen, die herzlich über politische Satire lachen können. Diese Geschichte ist zwar fiktional, könnte aber genauso passiert sein und ist sehr einzigartig und mitreißend.

Ich gebe zu, am Anfang des Films brauchte ich eine Weile, mich darauf einzulassen, weil ich nicht so recht wusste, wohin die Streitereien und Prügeleien zwischen Nord- und Südbewohnern eines Dorfes führen werden, aber als dann immer klarer wurde, worum es hier ging, war es ein reines Vergnügen. Der Frisör des Dorfes, in der Hierarchie eher im unteren Bereich, kann in seiner Position extrem über sich hinauswachsen, weil er dank einer neu gewonnenen Identität (und hier erfahrt ihr auch, warum der Film Mandela heißt) zu einem so wichtigen Wähler in der Dorfpolitik wird, dass er die korrupten Politiker, die es gewohnt sind, sich Wählerstimmen zu erkaufen, derart an der Nase herumführt, dass es ein wahre Wonne ist zu sehen, wie jemand so gerissen die Machtgier der Politik zu seinen Gunsten nutzen kann. Er allein kann mit seiner Stimme über Sieg und Niederlage zweier Parteien entscheiden, und so buhlen die Parteien um seine Stimme mit allen Mitteln. Gut, irgendwann kommt der Punkt, wo er es übertreibt und alles eine sehr schlimme Wendung nimmt, aber letztlich, als er das Spiel um seine teure Wählerstimme nicht zu seinem persönlichen Vorteil nutzt, sondern zum Wohle des ganzen Dorfes, macht ihn das zu einem Helden und führt zu einem wunderbaren Ende.

So machtlos, wie man sich angesichts der korrupten Politiker besonders in Indien fühlen mag, hier schlägt jemand mit ganz viel Gerissenheit zurück und kann damit sogar Gutes für die Gemeinschaft bewirken. Quasi mit den eigenen Waffen geschlagen. Klasse Idee! Wunderbar unterhaltsame Umsetzung.

Hauptdarsteller Yogi Baba ist ein bekannter tamilischer Comedy-Schauspieler und passt einfach perfekt in diese Satire.

Es gab wohl Kontroversen zu diesem Film (wie glaube ich bei jedem indischen Film), weil sich z.B. die Frisöre in ihrem Berufsstand schlecht dargestellt fühlten. Kann ich nicht nachvollziehen. Ich finde nicht, dass hier jemand besonders schlecht dargestellt wurde. Alles nur allzu menschlich. Und letztlich endet der Frisör ja als Held.

Zu sehen bei Netflix: https://www.netflix.com/watch/81272107

P.S. ich weiß nicht, ob es ein Bug oder ein Feature ist, aber wenn ich den Film so bei Google suche und diese Option „Jetzt ansehen“ von Netflix wähle, dann kann ich ihn anschauen. Suche ich den Film bei Netflix, finde ich ihn nicht. Kann sein, dass er in Deutschland gar nicht verfügbar ist, aber ich konnte ihn über diese Variante trotzdem bei Netflix anschauen…
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IndoGermanFilmWeek 2020

Im Corona Jahr ist alles anders. Immerhin, die IndoGermanFilmWeek fiel nicht ganz aus, wie so viele andere Veranstaltungen in diesem Jahr und ich hatte das ganz ganz große Glück, dass ich mir die Filme alle online anschauen konnte, weil ich Teil der Jury des Filmfestivals sein durfte. Für mich eine neue, aufregende, spannende, bereichernde und wirklich interessante Gelegenheit, mich mit den anderen Jury-Mitgliedern über die gesehenen Filme zu unterhalten. Zu sehen, wo sich ganz eindeutig die Geister scheiden und wo es aber auch eindeutige Übereinstimmungen gibt. Im Folgenden möchte ich auf die gesehenen Filme mit ihren Besonderheiten eingehen und auf die Preise eingehen, die wir als Jury vergeben haben.

Roam Rome Mein – Normalerweise mag ich surreale Filme und absurde Situationen. Filme, die einen fragend zurück lassen und man noch lange darüber nachdenken muss. Normalerweise ist Nawazuddin Siddiqui als Darsteller für mich ein Garant, dass es ein schönes Filmerlebnis wird. Was ich nicht bestreiten kann: der chauvinistische Mann wird hier auf eine ganz andere Art als sonst beleuchtet. Aber für mich wirkte alles zu sehr gewollt künstlerisch, zusammengestückelt aus surrealistischen Ideen, die man schon irgendwo anders gesehen hat. Die feministischen Predigten zu plump reingeworfen, alles wirkt so erzwungen. Für den Großteil der Jury war der Film aber ein absolutes Highlight, eben so ganz anders als die sonstigen Filme, so dass “ Roam Rome Mein“ zum Siegerfilm gekürt wurde.

Pareeksha – diesen Film würde ich als klassischen Bollywoodfilm bezeichnen. Emotionsgeladen, viel zu lang, dramatisch und am Ende aber ist doch alles gut. Es gibt viele Dinge, die unrealistisch sind. Aber definitiv klagt der Film die Problematik an, dass es Kinder aus unteren Kasten es trotz einer Schulbildung nie schaffen werden, etwas aus ihren großartigen Fähigkeiten zu machen, solange es nur eine öffentliche Schule ist und keine Eliteschule. Ich habe den Film sehr genossen, auch wenn er zeitweise zu langgezogen war, ich habe mich an diese bollywoodsche Machart ja so viele Jahre gewöhnt. Adil Hussain spielt den Riksha-Fahrer so großartig und überzeugend, der auch falsche Wege bestreitet, damit sein Sohn eine bessere Zukunft hat und nicht wie er, so hart als Riksha-Fahrer ums tägliche Überleben kämpfen muss. Für diese Schauspielkunst haben wir ihn als Jury zum besten Darsteller ernannt. Für mich waren auch rundum alle Schauspieler in diesem Film absolut überzeugend und mitreißend. Toller Film!

Maighat – Am Ende siegt dann doch die Gerechtigkeit. Man muss als Mutter nur 13 lange Jahre dafür investieren, um Gerechtigkeit für ihren von Polizisten getöteten Sohn zu erlangen. Und der Film beruht auf einer wahren Geschichte. Das muss ein Film erstmal schaffen, eine so lange Zeit im Kampf um Gerechtigkeit darzustellen, ohne dass es dem Zuschauer langweilig wird. Was die Hauptdarstellerin Usha Jadhav hier leistet, ist außergewöhnlich stark. Ohne viel Worte, allein mit ihrer Mimik, ihren Gesten sagt sie alles. Für diese Leistung haben wir sie als Jury als beste Darstellerin ausgezeichnet. Eine sehr beeindruckende Geschichte, die auch beeindruckend erzählt wurde.

Nasir – Der Film plätschert erstmal so vor sich hin, es gibt viele Szenen, in denen nicht viel passiert. Es wird ein ganz normaler Alltag eines ganz normalen Geschäftsmannes in einem Kleidergeschäft gezeigt. Es gibt viele Großaufnahmen. Und dann am Ende: bäm! Dieses Ende wird niemand vergessen. Und es kommt nach all den actionfreien Szenen zuvor ziemlich brutal herein geplatzt. Ein Film zum Aufwachen, ein Appell an die Menschlichkeit. Der Sonderpreis der Jury geht an den Film für seinen besonderen sozialen Kontext.

Moothon  – Die Thematisierung einer gleichgeschlechtlichen Liebe in indischen Filmen ist immer einen Rarität und funktioniert oft nicht ganz so gut. In dem Punkt ein außergewöhnlich starker Film. Die Hindustan Times betitelt ihn als einer der besten indischen Filme des Jahres. Für mich persönlich ging das Thema insgesamt im Film etwas unter, weil man noch zu sehr damit beschäftigt war, dass die Schwester versucht, ihren Bruder in Mumbai zu finden. Gerade noch in ihrem idyllischen Inselparadies geradewegs hinein in die grausame Unterwelt von Mumbai. Alles ganz starke Bilder, keine Frage: ein toller Film. Die Jury vergab einen Sonderpreis für den Nebendarsteller, der eigens für die Rolle wirklich die Gebärdensprache lernte.

Biryaani – So tief und real bin ich bisher filmisch noch nicht in die muslimische Welt eingedrungen. Von der Beschneidung, der geopferten Ziege bis zum Sex in der islamischen Gesellschaft inklusive Prostitution. Hier wird der harte Weg einer Frau gezeigt, die von der muslimischen Gesellschaft ausgestoßen wird, weil ihr Bruder zum IS gegangen ist. Die schauspielerische Leistung der Hauptdarstellerin auf jeden Fall sehr beeindruckend.

Nirvana Inn – Für den Film muss man echt gemacht sein. Absolut düstere Thematik mit besten Horrorelementen. Wer sich auf psychologische Art gruseln möchte, ist hier gut aufgehoben. Adil Hussain zeigt auch hier wieder seine große Schauspielkunst.

Kastoori – MUSK – für mich persönlich der beste Film. Weil es keine Geschichte ist, die schon tausendmal zuvor erzählt und alles so absolut realistisch dargestellt wurde. Es wird nicht mit dem Zeigefinger auf den wunden Punkt des Kastensystems gelegt, sondern der wunde Punkt wird einfach von sich aus sichtbar beim Erzählen der Geschichte. Der Junge, der nicht zur Schule gehen darf, weil er lieber einen richtigen Job machen soll, obwohl er Klassenbester ist. Der beim Sezieren von Toten helfen muss. Wozu ein Kind in seinem Alter niemals verpflichtet sein sollte. Der sich nichts sehnlicher wünscht, als diesen Geruch der Toten loszuwerden. Der diesen Traum hat von einem ganz speziellen Duft, der ihm über diesen Verwesungsgeruch hinweg helfen könnte, den er ständig mit sich tragen muss. Der ihn stets und immer begleitet und brandmarkt als jemanden aus der untersten Kaste. Ich war total drin in dieser Geschichte, weil alles so realistisch war. Die Orte, die Menschen, die sympathische Freude des Jungen, wenn er an diesen Duft auch nur dachte. Das ging mir direkt ins Herz. Schöne Bilder. Kein Tamtam. Nichts gekünstelt. Einfach nur die Realität.

Josef Born in Grace  – Pater O’Hara nimmt Joseph als Waisenkind auf und zieht ihn mit Hilfe von Maularam, seinem Hausmeister, auf. Der Film beleuchtet die Beziehungen, die diese drei Männer untereinander haben, sowie die Einsamkeit, mit der jeder von ihnen auf eigene Faust konfrontiert ist. Ich muss ehrlich zugeben, dass mich die Naturaufnahmen vom Himalaya deutlich mehr in den Bann gezogen haben, als die Geschichte. Diese Naturaufnahmen sind absolut sehenswert und wunderschön und lassen einen entspannt zurück, als wäre man gerade selbst dort gewesen.

Breaking Barriers – The Castless Collective – beeindruckende Doku über Musiker, die sich zusammengeschlossen haben, um mit ihren Songs zu unterhalten und gleichzeitig über die Missstände der Ungleichheiten in der indischen Gesellschaft hinzuweisen, ohne zu provozieren. Das Kastenwesen ist natürlich die am meisten erkennbare Form der Ungleichheit. Sie wollen mit ihren Songs einen sozialen Wandel bewirken. Wenn sie z.B. im Menstruation Song darauf hinweisen, dass es die natürlichste Sache der Welt ist und die Frau deswegen nicht als unrein betrachtet werden sollte, die in dieser Zeit nicht in den Tempel darf oder gar draussen schlafen muss. Ich kannte die Folksmusik Gaana von den Menschen aus dem Norden Chennais bisher nicht und bin jetzt definitiv ein Stück schlauer.

The Little God – Wer kennt das nicht…manchmal wünscht man sich auch böse Dinge. Im Film sind das dann böse Gebete, wo sich ein kleiner Junge wünscht, dass jemand stirbt, damit er einen freien Tag von der Schule bekommt. Als dann allerdings der Großvater stirbt, glaubt er natürlich, er ist wegen seiner Gebete daran Schuld und versucht es mit einer guten Tat wieder gut zu machen. Insgesamt ganz nett gemacht.

Guldasta – Hier werden verschiedene Frauen-Charaktere beleuchtet. Diesen Film fand ich schwierig anzusehen, vor allem wegen der sehr leidenden betrogenen Ehefrau, die wirklich alles über sich ergehen lässt. Die sich ohne Kind vollkommen wertlos vorkommt und so gar nichts ihr eigen Leben nennen kann. Oft sehr gequälte, gekünstelt wirkende Dialoge. Wirklich wertvoll hat den Film für mich nur Swastika Mukherjee als Dolly gemacht. Ihre Schauspielkunst hat mich in ihren Bann gezogen. Ihre Art, sich in andere Menschen hinzufühlen, sich wohl fühlen zu lassen in ihrer Gegenwart und diese Wirkung in keinster Weise von der absolut schwierigen Situation, in der sie sich befindet, berühren zu lassen.

Kalla Nottam – ein Junge stiehlt eine GoPro aus einem Laden und wir sehen die ganze Geschichte aus der Sicht der GoPro. Für mich persönlich war das zu schwierig, mit dieser Sichtweise der Geschichte und den Menschen im Film näher zu kommen.

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Chaman Bahaar – original indischer Romeo

Dieser Film ist ein wunderbares Beispiel dafür, dass es nicht darum geht, mit millionenschweren Effekten und den größten Bollywoodstars zu glänzen. Dieser Film schafft es ganz ohne Effekthascherei und aufgetakelte Stars, ganz ohne durchgestylte Tanzchoreographien eine kleine, feine Geschichte zu erzählen und damit zu beeindrucken.

Im Großen und Ganzen zeigt der Film die fehlgeleitete Liebe des Paan-Verkäufers Billu zu einem Schulmädchen, das gegenüber seines kleinen Ladens wohnt. Alle jungen Männer aus der Gegend sind verrückt nach ihr, jeder will sie für sich gewinnen. Er muss sich viel ausdenken, um all seinen Konkurrenten auszuschalten. Am Ende kommt es, wie es kommen muss: es endet im Drama.

Ganz nebenbei begegnen einem die vielen gesellschaftlichen Probleme, die das Leben in Indien vor allem in dörflichen Gegenden mit sich bringt. Zum Alltag gehören Polizeigewalt, der Druck, den Politiker auf alle ausüben, der Druck, zu heiraten, weil man sonst nicht gesellschaftlich anerkannt ist, der Druck auf einen jungen Mann, beruflich erfolgreich zu sein. Und wie einfach es passiert, dass ein junger Mann aus verschmähter Liebe durchdreht. Im Film noch recht harmlos, im wahren Leben endet so etwas zu oft mit einer Säureattacke auf das Mädchen.

Vor allem beeindruckt hat mich das Schauspiel von Jitendra Kumar als Billu. Es braucht überhaupt keine vielen Worte, um zu beschreiben, wie es um ihn steht. Er zeigt alles ganz eindeutig mit seiner Mimik. Jede Gefühlsregung sieht man ihm an. Alle Schauspieler agieren so, als würden sie wirklich an diesem Ort zu dieser Zeit leben. Absolut authentisch. Ich denke, dass Leute, die in der Gegend aufgewachsen sind, sich absolut mit allem identifizieren können. Simply gut! Das realistische Indien. 

Zu sehen bei Netflix: https://www.netflix.com/de/title/81244362

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Malang – Wahninns-Rache

Ganz großes Kino! Ich bin begeistert! Manche Bilder dieses Films haben sich bei mir eingebrannt, weil sie so stark gefilmt waren. Und immer mit höchst dramatischer Musik untermalt. Wahnsinnig dramatisch auch die Geschichte. Das ist Bollywood wie ich es liebe!

Die Eröffnungssequenz mit Einblendung der Namen des Filmteams zieht sich bis Minute 27. Wir sehen einen Häftling von hinten, der sich einmal quer durchs Gefängnis prügelt. Wie in einem Videogame. Minutenlange Prügelei. Hauptdarsteller Aditya Roy Kapur als Advait dabei immer nur von hinten zu sehen. Ein Kerl wie ein Baum mit großem Kreuz. Alles, was auf ihn eingeschlagen wird, zerberstet an diesem scheinbaren Mann aus Stahl. Hu! Da weiß man als Zuschauer gleich: das wird nichts für schwache Nerven. Toll animierte Action. Toller Einstieg. Dann gibt es einen Wechsel mit Rückblenden in die Zeit, als der Häftling seine Liebe fand und verrückte Dinge mit ihr unternimmt und den Sprung in die Gegenwart, in der er zum Polizistenmörder wird. Das zieht sich fast etwas zu lang, denn man möchte jetzt doch gern den Grund wissen, was in der Zwischenzeit passiert ist. Woher kommt dieser Todeshass auf die Polizisten? Aber irgendwie sind die Bilder und Kameraeinstellungen dann doch auch spannend genug. Ein visuelles Feuerwerk. Hier ein perfekter Sonnenuntergang, da eine wunderbare Animation, hier eine schnittige Actioncam, da eine kunstvolle Kameraeinstellung mit ganz speziellem Licht. Wow. Schon fast ist das Auge überfordert, aber alles hat immer einen gewissen Charme. Nicht wie bei Sahoo, wo zwar alles perfekt stylisch abgefilmt und animiert wurde, der aber trotzdem einfach gähnend langweilig blieb.

Und dann geht’s richtig ab im zweiten Teil. Den Grund dafür, warum Advait Jagd auf vier bestimmte Polizisten macht, kann man nun wirklich nicht vorhersehen…ist aber in seiner Dramatik durchaus realistisch. Und die Durchführung der Rache: der reine Wahnsinn. Toll! Das ist cineastische Unterhaltung, wie ich sie liebe.

Zu sehen bei Netflix: https://www.netflix.com/de/title/81214289

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Firebrand – gebrandmarkt durch Missbrauch

Gerade sorgt die „Dauerausstellung“ #maennerwelten für großes Aufsehen. Eine Aktion gegen sexuelle Belästigung. Vor allem das ungewollte Zusenden sogenannter „Dick-Pics“ kennen wohl die meisten Frauen aus eigener Erfahrung. Ich habe mal gelesen, dass Männer das in der Hoffnung machen, sie würden dann im Gegenzug auch solche Fotos von der Frau bekommen. Und sie lieben ihr bestes Stück einfach sehr. Weil sie es immer vor Augen haben. Für sie ist das ein Heiligtum. Während Frauen zu ihrem Geschlechtsteil oft keine so liebenswerte Beziehung haben. Weil sie sich nicht den ganzen Tag damit beschäftigen wie Männer. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie mein Neffe seinem Penis hoch ehrenvoll Lobeslieder gesungen hat, als er klein war. Da ich mit Schwestern aufgewachsen bin, war mir diese Glorifizierung des Geschlechtsteils bis dahin gar nicht so bekannt. Bringen Eltern ihren Söhnen eigentlich bei, dass das ungefragte Versenden von Dick-Picks keine gute Idee ist?

Ich habe neulich den Film „Firebrand“ bei Netflix gesehen und war danach etwas verstört. Eine Scheidungsanwältin vertritt ihre Klientinnen erfolgreich auch in schwierigen Fällen. Schwerpunkt misshandelte Frauen, denn sie selbst wurde Opfer sexueller Gewalt. Ihre eigene Ehe leidet unter ihrem Trauma als sexuellem Missbrauchsopfer, denn als  fällt es ihr schwer, eine wirklich intime Bindung mit ihrem Ehemann einzugehen. Die Sitzungen bei einem Psychologen bringen sie nicht viel weiter. Ich kann an dieser Stelle natürlich nicht verraten, welches fragwürdige Ende dieser Film nimmt. Aber ich habe das Gefühl, dass sich Missbrauchsopfer da nicht wirklich wiederfinden in dem, wie man sein Trauma überwinden kann. Ohne ins Detail zu gehen: natürlich kann man sich nach so einem Erlebnis sagen: ich lasse das hinter mir. Was geschehen ist, ist geschehen. Ich möchte im Hier und Jetzt leben. Aber wenn es so einfach wäre wie in diesem Film, dann wäre ja alles gar nicht so schlimm. Das Ende fühlt sich definitiv ziemlich komisch an. Dabei würde es wohl sehr, sehr vielen Frauen gut tun zu sehen, wie man das Geschehene verarbeiten kann, damit man als Missbrauchsopfer zurück ins Leben kehren kann.

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Love Aaj Kal – Romantic Bullshit

Bis kurz vor Schluss wäre der Film die ideale Unterhaltung für Single-Damen am Valentinstag gewesen. Weil man darin bestätigt wird, dass Liebesbeziehungen, so schön sie auch anfangen, dann doch irgendwann in Gewohnheit und Trennung enden. Weil man als Frau lieber auf eigenen Beinen stehen sollte, anstatt sich einem Mann in einer Beziehung unterzuordnen. Und dieser Hauptdarsteller, der so gruselig überschauspielert und so gar nicht anziehend wirkt und echt keine Lust auf eine romantische Beziehung macht, spielt auch gleich noch zwei Liebesgeschichten im Film. Damals und heute. Romantik ist überhaupt nur Bullshit, den uns die Gesellschaft einredet. Heirat aus Vernunft ist doch viel besser. Da können wenigstens keine Gefühle verloren gehen. Sowieso erstmal die Karriere, heiraten kann man später immer noch. Erstmal das Leben genießen. Auch Frau hat das Recht dazu. Soweit hätte ich den Film konsequent gefunden. Aber…warum musste es dann doch in einer Romantikschnulze enden? Weil sich niemand unromantische Filme ansehen möchte? Ja manchmal aber vielleicht doch. Wenn einem als Single am Valentinstag die ganze Welt mit dem Holzpfahl darauf hinweisen will, dass man nur in einer Beziehung wirklich glücklich ist. Man hätte das doch mal dabei belassen können. Ein Film für alle, die keine Lust haben auf dieses Romantikgedöns. Liebesbeziehung. Pfff, so ein Blödsinn! Aber nein. Am Schluss des Films wird alles wieder zunichte gemacht. Schade. Mit diesem Ende finde ich den Film richtig schlecht. Als Anti-Valentinstag Film hätte er mir gefallen.

Zu sehen bei Netflix: https://www.netflix.com/de/title/81113920

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Kaamyaab – ein Nebendarsteller auf der Suche nach Ruhm

Mit indischen Filmen ist es immer ein auf- und ab. Gestern sah ich mit „Mrs. Serial Killer“ mal wieder einen unglaublich schlechten Film. Die Hauptdarstellerin schaffte es mit ihrer (talentfreien) Art von Schauspielerei, aus einem eigentlich gedachten Thriller eine lächerliche Dramödie zu machen. Ein ärgerliches Beispiel dafür, dass nur gut aussehen noch lange nicht reicht, um einen guten Film zu machen. Und dann sehe ich heute mit Kaamyaab einen so sensibel gespielten Film, dass ich schon wieder fast verwundert bin, dass Bollywood es doch schafft, auch solche hervorragenden Filme hervor zu bringen.

Hauptdarsteller Sanjay Mishra habe ich im Film Aknhon Dekhi als großartigen Schauspieler kennen und schätzen gelernt. Und auch in diesem Film hier spielt er wieder so gut, dass es einem zu Herzen geht. Er spielt Sudheer, einen ewigen Nebendarsteller, der sich nach 499 Filmen eigentlich schon zur Ruhe gesetzt hatte, aber durch ein Interview mit ihm über seine Filmvergangenheit nun doch noch mal versucht, in seinem 500ten Film eine große, unvergessliche Rolle zu spielen. Er spielt sich damit auch quasi sich selbst, denn auch Sanjay spielte in unzähligen Filmen eine Nebenrolle. Und so wirkt dieser Film wahrscheinlich doppelt so realistisch.

Ich selbst habe das Filmbusiness mit über 80 Einsätzen als Komparsin gut genug hinter den Kulissen kennen gelernt. Die Szene, in der Sudheer an einer Szene scheitert, weil er immer wieder den Text vergisst und ihn am Ende des Tages alle dafür hassen, kenne ich nur zu gut. Wenn man gegen Ende eines 12 Stunden Drehtages auf eine Schauspielerin trifft, die in jedem Take einen Lachanfall bekommt und es droht, ein 14 Stunden Tag draus zu werden, dann fängt man wirklich an, den Schauspieler dafür zu hassen. Für ihn selbst ist das vielleicht lächerlich, weil er nur ein paar Stunden am Set sein muss. Für alle anderen am Set aber, die seit den frühen Morgenstunden dabei sind, ist das dann nicht mehr witzig. Ich kann Sudheer sehr gut verstehen, dass er nach so vielen Jahren doch noch einmal eine richtig große Rolle spielen möchte. Auch wenn er seine Familie damit, wie es scheint allzu oft, bei wichtigen Feiern versetzt und verletzt und nicht für sie da ist. Es gibt so viele Menschen, die danach lechzen, auch als Kleindarsteller doch irgendwie Bedeutung zu erlangen. Aber von all diesen tausenden Menschen beim Film bleibt die Anzahl der bekannten Gesichter sehr sehr übersichtlich. Und doch erwecken die Nebendarsteller und Komparsen einen Film erst richtig zum Leben. Seit ich selbst Komparsin bin, achte ich mehr auf diese Menschen im Hintergrund. Und ich kann bestätigen, dass der Film das Filmbusiness sehr getreu wiedergibt.

Auf jeden Fall hat Sanjay Mishra im wahren Leben das Zeug zu einem großartigen Hauptdarsteller. Exzellenter Film, der sensibel über die stillen Helden im Hintergrund erzählt, die zwar nicht die gleiche Beachtung wie der Hauptdarsteller bekommen, aber ebenso beachtenswert sind.

Zu sehen bei Netflix:  https://www.netflix.com/de/title/81259883

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