Bollywoodelfe's Blog

Eine deutsche Sicht auf Bollywood, Indien , Pakistan

Padmavaat – ein Kult sorgt für Tumult

Ich bin sauer! So richtig sauer! Eigentlich schon wütend. Dass ich diesen Film nicht entspannt genießen konnte, sondern im Hintergrund immer ein schaler Geschmack mit mischte. Denn was diese Verfilmung der sagenumwobenen Rajputen-Königin „Padmavati“ in Indien schon seit Drehbeginn im Januar 2017 auslöste, ist einfach zu bitter. Drehorte wurden vom wildgewordenen Mob zerstört, Menschen begingen angeblich Selbstmord, drohten mit Selbstanzündung, die Zensurbehörde und Hindu-nationalistische Gruppen sorgten dafür, dass der Release um Monate verschoben wurde, sogar ein Kopfgeld wurde für die Hauptdarstellerin ausgesetzt! Einfach nur, weil das Gerücht aufkam, es könnten erotische Traumsequenzen zwischen der hinduistischen Königin und dem muslimischen Angreifer zu sehen sein. Ein Gerücht! Nichts von alledem war wahr!

Nach dem die Zensurbehörde den Konflikt scheinbar durch eine Umbenennung des Films von „Padmatavi“ in „Padmaavat“ entschärfen wollte (ihr Ernst?) und der Film endlich seinen Kinostart feiern konnte, gingen die Tumulte weiter, Autos wurden vor den Kinos angezündet, sogar ein Schulbus mit Kindern mit Steinen beworfen!!! WAS LÄUFT DA SCHIEF BEI EUCH liebe Inder??? Warum tickt ihr nicht genauso aus, wenn es um die wirklichen Probleme in Indien geht? Armut, Wahrung von Frauenrechten, Bildung für Menschen, die sie sich nicht leisten können. Stattdessen habt ihr nichts Besseres zu tun, als eure gesamte Energie in diese Kontroverse um einen verdammten Film zu stecken? Eine Fiktion! Ein Märchen, das so gar nichts mit der Realität zu tun hat. Wo ist euer Hindu-Stolz, wenn Frauen im wahren Leben schlecht behandelt werden? Ich verstehe euch nicht!!! Und ich will es auch nicht verstehen. Ich wünschte nur, ich hätte von all dem nichts mitbekommen. Dann hätte ich mich einfach nur an einem opulenten Kostümfilm erfreuen können.

Denn abgesehen von all diesen wahnsinnigen Ausschreitungen drum herum, ist der Film eine wahre Augenfreude für Fans von herrlichen Filmkulissen und überbordenden Kostümen. Deepika Padukone spielt Padmavati so voller Stolz und Würde und Weisheit, wie könnte man da annähernd davon ausgehen, diese Verfilmung würde diese historische (fiktive) Figur in irgendeiner Weise verunglimpfen? Selten so eine würdevolle Königin gesehen. Und ganz besonders stark ist der Auftritt von Ranveer Singh als muslimischer Bösewicht Sultan Alauddin Khilji, der vor lauter Machthunger über alle möglichen Leichen geht und dabei keinen Anstand kennt…am Ende zum armen Irren wird in seinem Wahn, unbedingt die Schönste aller Schönen, die Rajputen-Königin, zu sehen. Großartig gespielt! Einen sehr guten Eindruck seiner überzeugenden Rolle liefert der Song „Khalibali“.

Warum man ihm allerdings einen Diener zur Seite stellen muss, der seinen Herrn auch auf andere Weise liebt und sich darüber ständig lustig macht, habe ich nicht verstanden. Auch nicht, warum es allgemein gesehen so heroisch sein soll, sich als Frau lieber dem Feuertod zu opfern, statt in die Hände der Feinde zu fallen. Gut, in diesem Fall bringt es dem Zuschauer eine gewisse Genugtuung, weil das nun wirklich die größte Strafe für diesen miesen Sultan war, die er je hätte bekommen können. Aber auch nur, weil es ein glattgebügeltes Märchen auf der Leinwand ist (keine Falte zierte dort jegliches Gesicht). Und trotzdem fühlen sich alle möglichen Gruppen auf den Schlips getreten inklusive der Muslime, die sich durch die Darstellung als barbarische anstandslose Eroberer ebenso in ihrer Ehre mit Füßen getreten fühlen wie die Hinduisten in ihrem merkwürdigen Stolz was diese mythische Gestalt Padmavati betrifft.  Ach lasst mich doch alle in Ruhe mit eurem ewig währenden religiösen Gemetzel…es soll auch solche Filme geben dürfen! Als Europäer kann ich hier nur ungläubig mit dem Kopf schütteln, was diese Verfilmung in Indien ausgelöst hat. Da fehlt mir jegliches Verständnis.

 

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Rangoon – und was nun?

Also wenn ihr mal so einen richtig merkwürdigen indischen Film sehen wollt: da ist er! Rangoon ist allerdings nicht unbedingt merkwürdig gut…mehr so die Frage: ist das Kunst, oder kann das weg?

Ich habe schon das Gefühl, dass der Film einen künstlerischen Anspruch haben sollte, aber irgendwie ist bei mir der Funke so gar nicht übergesprungen…und ich bin eigentlich für alles offen.

Die Geschichte hinter dem Film ist eigentlich perfekt für eine dramatische Liebesgeschichte: 1944, der 2. Weltkrieg wütet. Indien steht kurz vor dem Befreiungsschlag aus der Britischen Kolonialherrschaft. Die Sängerin Miss Julia (Kangana Ranaut) soll den Soldaten an der Front mir ihren Auftritten etwas Lichtblick verschaffen. Der Mann, der Julia beschützen soll, kommt ihr näher, als er sollte. Krieg – Liebe und Verrat erwarten den Zuschauer.

Soweit so gut. Wenn da nicht zwischendurch so groteske Szenen wären. Die hässlichen Seiten des Krieges sind so realistisch dargestellt wie in den großen Hollywoodschinken Platoon oder Soldat James Ryan…wenn die Kamera hinterher wackelt, dass einem gleich schwindelig wird. Brutal, unmenschlich, die Wahrheit. Und dann plötzlich: Auftritt der Heldin Julia in Form eines 40er Jahre Hollywood-Broadway-Musical. Ähhhm. Wie bitte? Nein! Das passt einfach nicht zusammen. Diese einzelnen Genres für sich, ok, aber zusammen gemixt eher eine Katastrophe für den Zuschauer, der ständig zwischen groteskem Musical und Realität und Lovestory und dramatischem Unabhängigkeitskampf Indiens hin- und herschalten muss. Und dieser verdammte britische Offizier, der ein so abartiges Hindi spricht, dass einem die Ohren bluten…argh!

Das Drehbuch wurde von Matthew Robbins geschrieben, der auch schon an „7 Koon Maaf“ beteiligt war. Der auch einen sehr ungewöhnlichen Stil hatte, aber der war durchgehend und hat einfach gepasst. In Rangoon passt das alles irgendwie nicht zusammen. Was wollte man damit bezwecken? Dass die britische Besatzungsmacht nicht ganz so beschissen dasteht, weil man ja am Ende als Zuschauer gar nicht mehr weiß, war das jetzt ein Theaterstück oder Realität? Weil man mal wieder etwas außergewöhnliches wagen wollte? Lobenswertes Vorhaben…ist bei mir nur leider nicht angekommen.

Bitte melden, wenn jemand diesen Film in seiner künstlerischen Darbietung versteht. Ich kann das so nicht als „historisches“ Drama verstehen.

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Vorhang auf für eine indische Hamlet-Adaption

Oha. Drama Baby. Haider ist die dritte Shakespeare-Adaption von Vishal Bhardwaj. Seine Othello-Version Omkara hatte richtig gut bei mir gepunktet, da konnte man doch gespannt sein von einer Hamlet-Adaption im Kashmir-Konflikt-Szenario in den 90er Jahren. Was für eine gewagte Idee, sich zu diesem schwierigsten aller politischen Themen zwischen Indien und Pakistan so öffentlichkeitswirksam zu äußern! Im Vorfeld hatte ich nur Lob und Anerkennung für den Film gehört…vielleicht war ich daher etwas zurückhaltend mit meiner Begeisterung im ersten Teil, denn dieser gestaltete sich doch etwas langatmig mit einem etwas langweiligen Shahid Kapoor (als Prinz Hamlet), alles noch sehr verworren und nicht sehr emotional hinein ziehend.

Aber dann: Vorhang auf für den zweiten Teil, der die Zurückhaltung des ersten Teils mit aller Macht sprengte. Peng! Grandioser Auftritt von Irrfan Khan (in der Geist-Adaption). Unglaublich dieser Mann, diese Dramatik mit den kleinsten Gesten. Jetzt wird man gefesselt, jetzt gehts los.

Peng! Auftritt Shahid Kapoor mit dem Bismil-Song, der dem traditionellen Kashmir-Volkstanz huldigt. Shahid sagte selbst, dass es der beste Song seiner Karriere sei. Da stimmte aber auch alles. Theatralik und Musik…ja, spätestens da ist der Punkt gekommen, wofür sich der Film für mich gelohnt hat. Erinnerte mich liebevoll an die Laila & Majnu Theateraufführung bei Aaja Nachle. Wirklich Grandios!

Alles dramatisiert sich weiter, bis zum grandiosen Massaker-Endszenario auf dem Friedhof, eingeleitet von einer perfekt inszenierten Eingangszene. Ja wie geil ist das denn, Gräber ausheben mit passender Musikbegleitung…das muss man gesehen haben!

Und am Ende wirds so richtig schön blutig, mehr Tote hätten könnte man auf ein Schlussbild nicht bekommen. Spitze!

Also durchhalten, was den entschleunigten ersten Teil betrifft und dann wird man durchaus mit einigen Überraschungen belohnt!

Noch erwähnenswert sind auf jeden Fall die beiden Frauen in den Hauptrollen, die nicht nur schön anzusehen sind, sondern auch so gut schauspielern, dass eben ein Shahid daneben auch mal verblasst. Dessen jüngeres Ich wurde so gut gecastet, dass man meinen möchte, das hätte er wirklich in jüngeren Jahren sein können, wenn es mal nicht sogar sein jüngerer Bruder ist.

Haider oder nicht Haider…das ist keine Frage.

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