Bollywoodelfe's Blog

Eine deutsche Sicht auf Bollywood, Indien , Pakistan

Blinded by the Light – the power of music

Ich mag ja Filme sehr, die auf wahren Begebenheiten basieren. So eine Geschichte berührt einen gleich nochmal mehr. „Blinded by the light“ basiert auf den Memoiren Greetings from Bury Park des Journalisten und Schriftstellers Sarfraz Manzoor.  Wir begleiten in diesem Film Javed, einen 16 jähriger Jungen, der in Luton (England) aufwächst und dessen Eltern ursprünglich aus Pakistan stammen. Wir erleben eine wahrscheinlich in der Konstellation sehr typische, anstrengende Vater-Sohn-Beziehung. Der Vater möchte gern seine Traditionen und Werte auch in England beibehalten und weiß natürlich, was das Beste für seine Kinder ist. Javed soll um alles in der Welt einen „ordentlichen“ Job machen, damit er nicht so hart wie sein Vater in der Fabrik schuften muss. Der Vater meint, er ist ja kein typisch pakistanischer Vater, der für ihn bestimmt, dass er Arzt werden soll. Er lässt ihm ja noch die Wahl einen Job wie Anwalt oder Architekt. Hauptsache ein Job, der viel Geld bringt und überall angesehen ist. Javed kann aber und will am Ende auch nicht so über sein Leben bestimmen lassen. Sein Interesse gilt dem Schreiben. Das ist seine große Leidenschaft. Zum großen Ärger seines Vaters. Und als ein Freund von Javed ihm Kassetten vom „Boss“ Bruce Springsteen zu hören gibt, kommt es zur großen dramatischen Rebellion, denn die Texte geben Javed den Mut, für seinen Traum zu kämpfen…

Ich habe den Film jetzt zum zweiten Mal gesehen. Einmal im Kino und jetzt nochmal bei Netflix. Und ich könnte ihn sicher nochmal ansehen. Es ist wirklich eine sehenswerte Tragikkomödie. Bei aller Tragik, die in diesem Culture Clash Thema steckt, bleibt alles immer auch humoristisch. Großartig finde ich auch die Zeitreise in die 80er. Wirklich original, wie es damals alles war. Wer in dieser Zeit auch ein Teenager war, wird sich an so vieles zurück erinnern. Ein Bruce Springsteen-Fan werde ich durch diesen Film sicher nicht, aber es ist absolut ansteckend, wenn Javed angestachelt von den Texten, sein Leben umkrempelt. Bisher haben er und seine Schwester irgendwie versucht, das „normale“ Leben als Teenager in England trotz aller Verbote und Einschränkungen durch den Vater irgendwie mitzuerleben. Wir sehen auch, wie die Migranten mit dem täglichen Rassismus umgehen müssen. Luton war eine Neonazi-Hochburg zu der Zeit, und manchmal hilft wie im Film auch einfach weglaufen, auch wenn es demütigend ist.

Am Ende wird es vielleicht etwas zu rührselig und unrealistisch, aber das kann man verkraften. Ein absoluter Feelgoodmovie.

Zu sehen bei Netflix: https://www.netflix.com/de/title/80997140

In dem Zusammenhang möchte ich auch unbedingt die Serie „Citizen Khan“ von der BBC empfehlen. Mr. Khan, aus Pakistan eingewandert nach Birmingham, ist ein selbsternannter patriarchalischer Gemeindevorsteher, der versucht nach bestem Wissen die guten pakistanischen, muslimischen Werte in England zu zelebrieren. Mr. Khan verzettelt sich in jeder Folge sehr humorvoll. Zum Beispiel, als er versucht, seine Tochter, die ihr Examen nicht bestanden hat, in einer katholischen Schule unterzubringen und dafür so tut, als wäre er auch Katholik. Nachdem der Direktor zu verstehen gibt, dass sie nur noch seltene religiöse Gruppen zulassen, ist er plötzlich doch wieder Muslim, aber eine ganz besondere Gruppe, die auf einem Bein betet und dabei Karotten isst. Ich liebe ja diesen britischen schwarzen Humor. Ich weiß nicht, wie der Großteil der Muslime diese Serie findet, aber ich glaube, junge Leute können auf jeden Fall darüber lachen, wenn sie ihre Eltern darin wiedererkennen, die ständig versuchen, trotz „schlechtem“ Einfluss fremder Kulturen den muslimischen Werten zu folgen, die sie gelernt haben und an die sie glauben und die sie genauso an ihre Kinder weitergeben möchten, auch wenn die Umgebung sehr viel anders ist, als die, in der die Eltern aufgewachsen sind.

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Manto – im Visier der Zensur

Und da ist wieder eine von diesen Geschichten, eins von hunderttausend Schicksalen,  die die Teilung Indiens und Pakistan miterleben mussten und Zeit ihres Lebens mit dieser Traumatisierung umzugehen versuchten.

Der Journalist, Schriftsteller und Drehbuchautor Saadat Hasan Manto entstammte einer muslimisch-kaschmirischen Familie, arbeitete in Bombay und verließ im Zuge der Teilung Indiens durch die Briten wegen der Verfolgung von Moslems 1948 das Land und ließ sich in Lahore nieder. Er kehrte nie wieder in sein geliebtes Bombay zurück und starb früh infolge seine Alkoholismus.

Manto war sehr umstritten. Er wurde sechsmal wegen Obszönität seiner Werke angeklagt, aber nie verurteilt. Er legte der Gesellschaft einen Spiegel vor, wie sonst kein anderer Autor dieser Zeit, porträtierte auch gerade die unschönen Seiten.

Auch wenn im Film vorrangig das Leben von Manto dargestellt wird, sein ewiger Kampf gegen die Verurteilung seiner Werke, geht es doch vor allem um dieses prägende Ereignis der Teilung des Landes.

Nawazuddin Siddiqui ist und bleibt ein großartiger Schauspieler. Mit ihm sehe ich mir sogar solche Filme an, die mich von der Geschichte her nicht unbedingt zum Anschauen gelockt hätten. Aber mit ihm habe ich diese Zeitreise in ein so unschönes Kapitel der Geschichte sehr gern unternommen und nicht bereut.

Zu sehen bei Netflix: https://www.netflix.com/de/title/81039383

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Teefa in Trouble – wer bekommt die Braut

Über diesen Film muss ich nachhaltig schmunzeln. Weil er viele Dinge beinhaltet, die ich eigentlich nicht so mag, aber irgendwie hat er mich dann doch bis zum Schluss so gut unterhalten, dass ich die dafür investierte Zeit am Ende nicht bereut habe.

Die Story ist jetzt nicht gerade originell: Damit Anya den (nicht gerade ansehnlichen) Sohn von Gangster Butt heiraten kann, will Teefa (gespielt von Ali Zafar) sie von Polen nach Pakistan entführen. Wie man sich schon denken kann, entwickelt Teefa Gefühle für sie, was natürlich zu großen Konflikten führt. Immerhin wird in einer Szene noch veranschaulicht, dass Anya ja wohl auch selbst gefragt werden möchte, mit wem sie verheiratet wird. Und Möchtegern-Gangsta Teefa, der natürlich keine Probleme hat, allein gegen 10 Männer zu kämpfen und problemlos mit unmenschlichen Parcouring-Stunts zu Fuß Autos in der Stadt verfolgen kann, erkennt am Ende, dass Geld doch nicht alles ist. Also von der Geschichte her eine recht einfach gestrickte Lovestory mit dem üblichen Slapstick-Klamauk, für den hauptsächlich der Kumpel von Teefa zuständig ist.

Inwieweit die polnische Tourismus-Industrie hier beteiligt war, weiß ich nicht, aber es sind sehr schöne und professionell gut gemachte Aufnahmen aus Polen zu sehen, von Warschau und Umgebung. Ebenso wie von Lahore. Bilder von Lahore sind ja eher selten zu sehen. Sehr spannend finde ich persönlich, dass ich jetzt keinen auffälligen Unterschied zu einem indischen Film sehen würde. „From Pakistan with love“ ist vielleicht gar nicht so übertrieben, da man schon irgendwie spürt, dass der Film mit Liebe gemacht wurde.

Zu sehen bei Netflix: https://www.netflix.com/de/title/81036338 

 

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Was werden die Leute sagen…

„Wenn Du wie die westlichen Idioten lebst, wirst Du in Einsamkeit sterben“ droht der Vater seiner Tochter. Ich, westliche Idiotin, bin heilfroh, dass ich diese unmenschliche Unterdrückung der Frau bisher nur aus Filmen und Büchern kenne. Nisha macht nur das, was alle anderen Teenager in Norwegen/Europa/westlicher Kultur machen: Mit Freunden abhängen, Party machen, mit Jungs flirten, ausprobieren, was das Leben zu bieten hat…zu Hause im Kreis ihrer pakistanischen Familie darf natürlich keiner davon wissen, dort gelten andere Werte. Wenn sie gewusst hätte, was da auf sie zukommt, als ihr Vater sie dann doch mit ihrem Freund bei ihr zu Hause erwischt…der Vater ist so verzweifelt, nichts scheint für ihn schlimmer, als dass der gute Ruf seiner Familie zerstört wird und die pakistanische Gemeinschaft ihn verstößt, dass er sich nicht anders zu helfen weiß, als Nisha nach Pakistan zu bringen, um ihr die Grenzen ihrer Kultur aufzuzeigen. Doch Nisha kommt dort auch nur vom Regen in die Traufe und es nimmt kein gutes Ende wie vom Vater erhofft…ich möchte nicht zu viel spoilern…aber eine Entführung ins Land der Ursprungskultur bringt hier nicht das gewünschte Ergebnis einer Umwandlung in ein unterwürfiges, jungfräuliches Mädchen.

Es gibt leider viel zu viele Länder, in denen mit Mädchen so dramatisch umgegangen wird. Und selbst in Deutschland sind sie ja sogar vor Ehrenmorden nicht sicher. Zwangsheirat scheint oft die letzte Lösung der Eltern, um den guten Ruf wieder herzustellen. Am schlimmsten finde ich immer die Mütter, die dieses grausame Spiel weiter spielen, obwohl sie selbst doch wissen müssen, wie sehr diese Unterdrückung aufgrund von selbst auferlegten Traditionen alles zerstört. Wenn die Mütter nur genug Mut hätten, diesen Teufelskreis zu unterbrechen…immer nur geht es darum, was die Leute sagen. Nie geht es darum, was am besten für das Mädchen ist, was das Mädchen möchte. Es hat sich gefälligst still zu verhalten, bis es ordentlich verheiratet ist. Schweift sie nur einen Grad von ihrer Tugend ab, soll sie sich lieber die Klippen herunter stürzen, als ihre Familie ins Unglück zu stürzen. Das Unglück, dass die anderen Leute sie meiden und schlecht über sie reden. Ein westlicher Kopf wird das nie verstehen. Auch wenn man die Verzweiflung des Vaters sehr gut nachvollziehen kann. Auch wenn er natürlich nur das Beste für seine Tochter will. Aber um welchen Preis.

Adil Hussain, dem europäischen Publikum aus „Life of Pi“ bekannt, spielt den grausamen Vater so überzeugend, dass man ihn wirklich hasst. Maria Mozhdah bringt es sehr menschlich auf die Leinwand, sich um des Friedens Willen der Familie beugen zu wollen, versuchen sich unterzuordnen, aber es schließlich einfach nicht zu können, weil es nicht ihr Leben ist, sondern das, was die anderen für sie beschließen.

Es kann nicht genug solcher Filme geben, die einem so realistisch das Schicksal von Millionen von Mädchen vor Augen führen. Ein Leben unter Zwang.

http://wwdls.pandorafilm.de/

 

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„Ich bin Malala“ – über ein Bildungsprojekt in Pakistan – kritische Buchbesprechung

Ich habe gestern zum ersten Mal am Interaktiven Lesekreis: Frauen am Hindukusch des Vereins „AMIKAL center for educational and cultural exchange e.V.”  teilgenommen. Dieses Mal wurde das Buch „„Ich bin Malala: Das Mädchen, das die Taliban erschießen wollten, weil es für das Recht auf Bildung kämpft“ besprochen. An dieser Veranstaltung kann auch jeder teilnehmen, der dieses Buch nicht gelesen hat. Da ich das Buch tatsächlich noch nicht gelesen habe, kann ich bestätigen, dass man genügend über das Buch erfährt und sich an den Diskussionen darum gut beteiligen kann und viele Anregungen erfährt.

Die Pakistanerin Malala Yousafzai (geb. 1997), um die es in diesem Buch geht, führte schon lange  für die BBC ein Blog-Tagebuch über ihren Alltag unter den Islamisten im Swat-Tal (Region im Nordwesten Pakistans). Am 9. Oktober 2012 wurde sie auf ihrem Schulweg von Taliban-Kämpfern überfallen und niedergeschossen. Die Fünfzehnjährige hatte sich den Taliban widersetzt, die Mädchen verbieten, zur Schule zu gehen. Sie überlebte glücklicherweise, mit für immer bleibenden Schäden und kämpft weiter für das Recht auf Bildung in Pakistan. In diesem Buch wird Malala’s Geschichte autobiographisch beschrieben.

Ihr Vater hatte immer den Traum, eine Schule aufzubauen. Malala wurde geboren, kurz nachdem die Schule tatsächlich eröffnet wurde. Dieses große Engagement ihres Vaters verinnerlichte Malala in großem Maße. Neben der Geschichte ihrer Familie wird in dem Buch beschrieben, wie ein islamistischer Radiosender nach und nach das Leben der Menschen im SWAT-Tal bestimmte. Mädchen sollten nicht mehr zu Schule gehen. Erst gab es öffentlich Lob für die Mädchen, die dies nicht mehr taten. Später wurde der Ton aggressiver und die Mädchen öffentlich angeprangert, die sich nicht davon abhalten ließen, weiterhin zur Schule zu gehen. Die Mullas nutzten die Organisationsproblematik nach dem Afghanistan-Krieg. Auch in weiteren Krisen wie der Überschwemmungskatastrophe 2010 waren sie für die Menschen vor Ort da, während internationale Hilfsorganisationen schnell wieder verschwunden waren und Gericht & Polizei zu ineffizient, um wirklich zu helfen. Im Buch werden viele politische & geschichtliche Zusammenhänge beschrieben, die zur Radikalisierung in dieser Region beigetragen haben.

Die Autorin ist Christina Lamb, und da setzt schon die Kritik des Leserkreises an. Die Erwartung, dass man die Ereignisse aus der Sicht des jungen Mädchens erfährt, wird nicht erfüllt. All die geschichtlichen Hintergründe, die Art, wie gewisse Dinge über den Islam geschrieben werden, lassen erkennen, dass die Autorin einen großen Anteil an dem Buch hat und nicht Malala. Nirgendwo werden dem Leser Informationen dazu gegeben, wie dieses Buch geschrieben wurde, wer welchen Anteil daran hatte. Es lässt sich nur erahnen. Ebenfalls ungewiss ist, inwieweit ihr Vater sie vielleicht für seinen Traum dazu „drängt“, derart aktivistisch zu handeln.

Per Skype zugeschaltet war die pakistanische Menschenrechtsexpertin Anila Noor, die gerade in Den Haag ihre Doktorarbeit schreibt. Sie berichtete, dass Malala in Pakistan sehr kritisch gesehen wird, denn sie steht für eine professionelle westliche Bildungskampagne. Praktisch ein „Werkzeug“ des Westens. Hier ist die Frage, wieviel sie wirklich verändern kann, wenn ihr in ihrem Land soviel Misstrauen entgegengebracht wird. Aber natürlich stößt sie damit dringende Diskussionen über die Bildungspolitik an. In Pakistan ist Bildung eine private Sache. Da müssen schonmal 40.000 Rupien pro Monat für die Schulbildung der Kinder ausgegeben werden. Die wenigsten dort können sich das leisten.

Die Teilnehmer des Lesekreises sind sich einig, dass das Buch eher für ein westliches Publikum geschrieben wurde. Es führt durchaus dazu, dass sich einige jetzt näher mit Pakistan beschäftigen möchten. Bei allem kritischen Blick auf das Buch, finde ich dieses Ergebnis wunderbar, denn dies ist nur ein kleiner Blick auf eine bestimmte Region und Problematik in Pakistan.

Aus dem Leserkreis gab es noch den Hinweis, dass derzeit ein kostenloser Online-Kurs der Stanford Universität läuft, der sehr spannende Materialen zum Thema „International Women’s Health & Human Rights“ bereithält:  http://class.stanford.edu/courses/GlobalHealth/IWHHR/Summer2014/about 

Vielen Dank an AMIKAL für die anregende Diskussion zu diesem Buch!

Mehr zum Thema:

http://www.faz.net/aktuell/politik/politische-buecher/malala-yousafzai-erhaelt-sacharow-preis-gefeiert-von-der-welt-angefeindet-zu-hause-12609269.html

Update: Nun hat sie ihn bekommen, den Friedensnobelpreis 2014, zusammen mit dem Kinderrechtler Kailash Satyarthi.

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