Bollywoodelfe's Blog

Eine deutsche Sicht auf Bollywood, Indien , Pakistan

Mission Mangal – impossible?

Kann es eine „Zweitbesetzung“ als Mars-Mission-Team mit einem unterirdisch zusammengestrichenen Budget schaffen, als erste asiatische Nation mit einer Sonde den Mars zu erforschen? Kaum zu glauben, aber wahr. Mit genügend Nationalstolz geht anscheinend alles. Dieser Film ist eine übertrieben große Liebeserklärung an die stolze Nation, die auch ohne Hilfe der NASA erfolgreich sein kann. Wer diesen Film schaut, muss sich auf jede Menge Patriotismus einstellen.

Bei der Vorstellung des Mars-Mission-Teams schien besonders wichtig, die Zweitklassigkeit des Teams darzustellen. Ein Mann kurz vor der Pension; ein Mann, der sein Leben durch sein Horoskop bestimmen lässt und …Frauen. Frauen, die scheinbar alle irgendein Problem haben. Die eine scheint vollkommen unfähig, die Fahrschule zu bestehen. Der anderen macht die Schwiegermutter mit ihren abfälligen Bemerkungen eines noch nicht gezeugten Enkelkindes das Leben zur Hölle. Eine anderes Teammitglied wurde von ihrem Mann betrogen und hat es als Muslimin schwer, eine Wohnung zu finden. Und Hauptakteurin Vidya Balan als Tara Shinde muss eine Familie mit all ihren Problemen managen. Und dieses Team soll eine erfolgreiche Mars-Mission zustande bringen? Genauso wie die Mondlandung scheinbar nur durch tausend Glücksfälle erfolgreich sein konnte, spielten auch diesem Team einige Glücksfälle in die Hände. Inwieweit alles der Wahrheit entspricht, weiß ich nicht. Aber ihre Anregungen für ihre Ideen, die Mars-Sonde besonders billig und leicht und mit der richtigen Geschwindigkeit auszurüsten, kamen im Film vorrangig aus dem richtigen Leben. So wie die Puris (in Öl ausgebackenes Fladenbrot ) in dem erhitzten Öl weiter braten, während man das Gas schon ausgestellt hat, ist das die Grundidee für die Mission, um eine Rakete nutzen zu können, die nur für leichte Lasten ausgelegt war und keine riesigen Mengen an Treibstoff mit sich nehmen konnte. Man fragt sich während dieser Ideenfindungen zwar, ob es diese Ideen nicht schon alle gab und eigentlich Teil des Studienlehrplans sein sollten. Aber gut. Das ist für den unwissenden Weltraumforschungslaien sicher am besten verständlich.

Was im Kino mit vorrangig indischem Publikum schnell zu merken war: der Film trifft mit seinem Humor genau ihren Nerv. Und genau nicht den meinen. Dieser erzwungene Haudrauf-Humor. Deswegen bin ich kein Fan von Akshay Kumar Filmen. Leider macht er in letzter Zeit viele Filme mit wichtigen Themen, so dass ich mich dann doch immer wieder überwinde. Worüber ich im Gegensatz zum indischen Publikum überhaupt nicht lachen konnte, war der Konflikt zwischen Vater und Sohn der Teamleiterin. Der Sohn interessiert sich plötzlich für den Koran, lernt die Poetensprache Urdu. Der Vater ist absolut gegen diesen religiösen Wandel seines Sprösslings und es kracht öfter gewaltig. Natürlich immer humorvoll. Ich habe absolut nicht verstanden, was diese Begebenheiten in dem Film zu suchen haben. Außer, dass es den Druck für die Mutter erhöht, sich auf die Arbeit zu konzentrieren, während in der Familie solche Disharmonie herrscht. Weitere Lacher gibt es immer, wenn traditionelle Gepflogenheiten mit dem modernen Leben in Einklang gebracht werden. Da hält der Priester eben mal auf der Hightech-Kommandobrücke ein Glücksritual mit Kokosnuss ab. Das ist Indien.

Dieser Film feiert die erfolgreichen Wissenschaftler*innen der indischen Raumfahrtbehörde ISRO mit ganz viel Nationalstolz. Und ja, es ist sehr schön zu sehen, wie die Frauen am Ende als Heldinnen gefeiert werden können. Akshay Kumar nimmt man den Frauenversteher absolut ab. Als eine der Frauen erfährt, dass sie schwanger ist, versucht er ihr klar zu machen, dass man auch mit Baby eine erfolgreiche Mission durchführen kann. Ihr zu Ehren nennt er das Projekt „MOM“: Mars Orbiter Mission. Indien konnte beweisen, dass es auch ohne gigantisches Budget wie z.B. die USA zu einer Mission im interplanetaren Raum fähig ist.

Nach diesem Film würde ich gern noch eine ernst zunehmende Dokumentation über diese Mission sehen.

EN

Is it possible that a second-choice Mars mission team with a dismal budget can become the first Asian nation to explore Mars with a space probe? Hard to believe, but true. Everything seems possible with enough national pride. This film is an exaggerated declaration of love to the proud Indian nation that can succeed even without the help of NASA. When you watch this movie, be prepared to expect a lot of patriotism.

During the introduction of the Mars mission team in the film, it seemed particularly important to represent the team’s second-rate nature. A man close to retirement; a man who lets his life ruled by his horoscope and finally: women. Women who always have problems. One seems completely unable to learn how to drive properly at a driving school. Another is put down by her mother-in-law because she is not yet pregnant. Another female team member was cheated by her husband and has a hard time finding a home as a Muslim.

And main actress Vidya Balan as team leader Tara Shinde has to manage a family, with all the problems that go along with it. Will this team be able to perform a successful Mars mission? Just as the moon landing seemed to be successful only by a thousand lucky coincidences, this team appeared to get lucky. I do not know how of the film is true, but the suggestions for the ideas to build a cheap Mars probe lightweight and has the right speed are based on real life events.

Just as the puris (bread fried in oil) continues to fry in the heated oil when the gas has already been switched off, this inspires the basic idea for the mission to use a rocket designed for light loads rather than huge ones can carry large amounts of fuel with them. You wonder during these brainstormings, whether these ideas have been already covered at a university. But hey, maybe the audience understands this science issue better this way.

While I was sitting in the cinema with many Indians I realized: the film resonates with their sense of humor, but not mine. The film features a lot of slapstick comedy, which is  why I’m not a fan of Akshay Kumar movies. Unfortunately he’s making a lot of films dealing with important topics. In contrast to the Indian audience, I could not laugh about the conflict between the father and son of the team leader. The son is suddenly interested in the Qur’an and starts learning Urdu. The father is absolutely against this religious change and it causes a lot of conflict between them. Of course, always humorous. The Indians in the audience found these moments in the movie very humorous. I totally did not understand what these scenes had to be included in the movie. Except that it increases the pressure on the mother to concentrate on work while there is such disharmony in the family. It’s always funny when traditional customs are reconciled with modern life. For example, when a priest performs a lucky ritual with a coconut on a high-tech bridge. This is India.

This film celebrates the successful scientists of the Indian Space Agency ISRO with a lot of national pride. And yes, it is very nice to see how the women in the end can be celebrated as heroines. Akshay Kumar plays the women’s advocate very convincingly. When one of the women said that she is pregnant, he tries to make her realize that she even with a baby can do a successful mission. In honor of her, he calls the project „MOM“: Mars Orbiter Mission. India could prove that even without a gigantic budget such as that of the US it, is capable of a mission in interplanetary space.

After watching this movie, I would like to see a more serious documentary about this mission.

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No toilet, no bride

Vielleicht kennt ihr den Freitagswitz: „Wo befindet sich beim Inder die Toilette? Am Ende des Ganges“.

Das Toilettendilemma in Indien ist in der Realität natürlich nicht witzig. Es gibt mehr Handys als Toiletten, wer als Reisender eine öffentliche Toilette sucht, muss lange suchen. Besonders in dörflichen Gegenden, in denen noch ein Ältestenrat Regeln für das Dorf aufstellt, werden gern aus Tradition die Dinge immer noch so gemacht, wie sie schon immer waren. Weil in einem Sanskrit-Heiligtum geschrieben steht, dass man sein Geschäft fern von Haus und Hof machen sollte (was zu der Zeit, als das Werk entstand, sicher auch ratsam war), wird dies immer noch so praktiziert, obwohl die Möglichkeiten auf ein modernes Toilettensystem durchaus vom Staat gefördert werden. Stattdessen müssen die Frauen nachts auf das Feld, um ihre Notdurft zu verrichten und werden so ein leichtes Opfer für Vergewaltigungen. Die Frauen selbst ändern aber nichts an ihrer Situation, sondern ordnen sich wie so oft (gezwungenermaßen) den Männern unter.

Die im Film dargestellten Situationen sind genauso geschehen. Frauen, die nachts aufs Feld müssen, werden leichter Opfer von Vergewaltigungen und es gibt auch die Geschichte von der Braut, die ihren Ehemann verließ, weil er keine Toilette im Haus hatte. Immer mehr Frauen weigerten sich in den letzten Jahren einen Mann zu heiraten, der keine Toilette vorweisen konnte getreu dem Motto „No toilet, no bride“.

In diesem Artikel ist das Toilettendilemma in Indien sehr schön zusammengefasst:

https://www.zeit.de/2015/20/hygiene-indien-toiletten-mangel/komplettansicht

Der bollywoodreife Stoff wurde nun sehr unterhaltsam mit „Toilet“ verfilmt und wird hoffentlich auch viele Menschen in Indien erreichen und zum Nachdenken bringen, die das Thema lieber nicht öffentlich besprechen wollen. Akshay Kumar kann den Konflikt zwischen den fast religiös fanatischen Ansichten seines Vaters gegenüber neuen Lebensweisen sehr gut nachvollziehbar darstellen. Nicht nur, dass er sich wegen seines schlechten Horoskopes schon mit einer Kuh verheiraten musste…eine Braut mit zwei Daumen zu finden wäre ohne einen Trick nicht gelungen. Ein Vater mit solch unabweichbaren traditionellen Vorstellungen vom Leben einer Frau in seinem Hause in Einklang mit seiner gebildeten modernen Frau zu bringen, war fast unmöglich. Dass der Film letztlich doch noch eine gute Wendung nehmen kann, scheint mit diesen verhärteten Fronten kaum zu glauben.

Zu sehen bei Netflix: https://www.netflix.com/de/title/80199962

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Padman – ein realer Superheld hat’s schwer

Es gibt auch im realen Leben Superhelden. Man kann sich (als Nicht-Inder) nicht annähernd ausmalen, was für schwere Brocken dem armen Arunachalam Muruganantham in den Weg gelegt wurden, der eigentlich nur das Beste für Frauen wollte und vorhatte, das Leben von indischen Frauen revolutionär mit bezahlbaren Damenbinden zu verbessern. Das menstruale Tabu war der größte Kampf seines Lebens.

Als moderne Frau möchte man die Frauen, die dem „verrückten Bindenmann“ das Leben so schwer machten, am liebsten kräftig durchschütteln und ohrfeigen, bis sie sich eines Besseren besinnen, aber man darf natürlich nicht vergessen: sie sind in einer ganz anderen Kultur aufgewachsen und gerade die Frauen im Dorf haben oft nicht die Bildung, die ihnen Aufklärung bietet. Trotzdem ist man den großen Teil des Films richtig richtig wütend auf die unbelehrbaren Frauen, die das Thema Monatsblutung gern totschweigen, sich 5 Tage wegen „Unreinheit“ aus dem Haus vertreiben lassen und lieber Krankheiten in Kauf nehmen, weil sie einen schmutzigen Lappen benutzen, den sie dann zum Trocknen auch noch unter dem Sari verstecken. Als „Padman“ dies bei seiner innig geliebten Frau entdeckt, will er, dass sie lieber saubere Binden benutzt. Diese sind aber so teuer, dass sie ihn dazu zwingt, die gekauften Binden zurück zu geben, da sie sich das nicht leisten können. „Padman“ ist verzweifelt, will er doch auf keinen Fall, dass seine Frau dadurch ernsthaft erkrankt, wie ein Arzt ihm bestätigt. Er versucht Binden selbst herzustellen, und da fängt das riesige Problem an. Sobald er das Thema anspricht, werden alle Frauen in seiner Umgebung hysterisch und schämen sich zu Tode. Es gibt zahlreiche Verwicklungen, weil er versuchen will, die Binden zum Test und als gut gemeintes Geschenk an die Frau zu bringen. Die Frauen seiner Familie sind schon alle gegen ihn, seine Frau will ihn aus Scham verlassen. Schließlich geht er einen Schritt zuviel und testet die Binde selbst auf ihre Funktion, worauf hin es ein riesen Drama im Dorf gibt und sie ihn schon am Baum aufhängen oder verprügeln wollen. „Padman“ sieht ein, dass er hier nicht weiter kommt und verlässt schweren Herzens seine Familie und das Dorf.

Nun wird sein schwerer Weg bis zur Herstellung einer Maschine, die für nur 2 Rupien statt 55 Binden herstellt, aufgezeigt. Im Film sind es dann glückliche Umstände und eine kluge Frau, die ihn letztlich ans Ziel führe. Nachdem er seine Innovation erfolgreich an einem Institut vorführen konnte, kommt alles ins Rollen und er kann seine Maschine im ganzen Land von Frauen kaufen lassen, damit sie die Binden selbst herstellen und verkaufen können.

Es ist mein erster Akshay Kumar-Film nach bestimmt 15 Jahren. Zum Glück konnte ich meine persönliche Aversion gegen ihn außer Acht lassen, weil dieser Film unendlich wichtig für die Bildung von Frauen zu diesem Thema ist. Im Film erzählt „Padman“, dass man „lebt“, wenn man Probleme überwinden muss. Ich hätte mir nie vorstellen, wie groß dieses Problem in Indien ist. Selbst heute noch wird an Tempeln mit Verbotsschildern darauf hingewiesen, dass Frauen den Tempel während ihrer Menstruation nicht betreten dürfen, weil sie zu der Zeit „unrein“ sind. Das sind wieder so Momente, wo man ungläubig den Kopf schütteln muss, weil man es einfach nicht versteht. Hoffen wir, dass der Film wirklich zu etwas mehr Offenheit führen wird. Dass „Padman“ dieses Durchhaltevermöge hatte, grenzt an ein Wunder und man kann ihn tatsächlich mit einem Superhelden vergleichen.

Zu sehen bei Netflix: https://www.netflix.com/TITLE/81016191 

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