Die unfassbar brutale Vergewaltigung einer Frau durch sechs Männer im Jahr 2012 in Delhi wird niemand vergessen, der diesen Fall in den Medien verfolgte. Diese Gruppenvergewaltigung löste auch international großes Entsetzen aus und ist seitdem Ausgangspunkt für viele indische Filme zu diesem Thema, Grund für neue und härtere Gesetze zum Schutz von Frauen. Manchmal habe ich das Gefühl, es hat sich trotzdem noch lange nicht genug getan. Von daher ist diese Serie äußerst wichtig. Die Geschichte von Jyoti Singh Pandey, die zwei Wochen nach dem furchtbaren Leid, das ihr zugefügt wurde, ihren Verletzungen erlag, darf nie vergessen werden.
Kann man sich diese Serie wirklich antun? Ein realer Fall, an Brutalität gegenüber einer Frau nicht zu überbieten. In allen furchtbaren Details nachzuvollziehen. Ich gebe zu, ich konnte es nur vorsichtig. Eine Folge am Tag war genug. Das muss Frau sacken lassen. Die Szenerie ist aber spannend genug, dass man weiter schauen möchte. Sechs Jahre Recherche für dieses Projekt haben sich gelohnt. Vor allem beeindruckt hat mich die schonungslose Sicht auf den Polizeialltag. In vielen Filmen schon angedeutet, mit welch unkonventionellen Methoden die Polizisten ermitteln müssen, wird hier der schwere Polizeialltag in allen Problematiken beleuchtet: da fällt schon mal der Strom im Polizeirevier aus, weil das Budget des Reviers erschöpft war. Da kann sich der Verhaftete beim Weg über den Fluss losreißen, weil es keine Handschellen gibt und die Polizisten kommen nicht hinterher, weil sie nicht schwimmen können. Da werden sie von Richtern und Medien angefeindet, weil sie generell alle für korrupt gehalten werden und einige das auch sind, weil das Gehalt nicht im Geringsten ausreicht. Da muss man sich damit behelfen, was man in US-Crimeserien gesehen hat, um erfolgreiche Polizeiarbeit zu leisten. Polizisten in den USA, die leben aus ihrer Sicht einen wahren Traum. Sie haben Autos, Zeit für körperliches Training und vor allem genug Geld, um nicht korrupt sein zu müssen.
Leslee Udwin hatte für die BBC 2015 eine Dokumentation gedreht (India’s Daughter), die in Indien verboten wurde. Sie hatte einen der Täter interviewt, der in keinster Weise etwas bereut und der Frau die Schuld an der Vergewaltigung gab, da sie nicht abends „herumstreunen“ sollte. So wie bei ihm so gar kein Mentalitätswandel stattgefunden hat, scheint es bei noch so vielen Männern der Fall.
Der Tod der jungen Frau, die es wagte, sich gegen ihre Vergewaltigung zu wehren, darf definitiv nicht umsonst gewesen und die Aufarbeitung dieses Falls auch in dieser Form ist sehr wichtig.
Zu sehen bei Netflix: https://www.netflix.com/de/title/81076756