Bollywoodelfe's Blog

Eine deutsche Sicht auf Bollywood, Indien , Pakistan

Guilty – der ganz normale Missbrauch

Brauchen wir einen Film über #Metoo-Missbrauch? Natürlich nicht, im Gegenteil. Wir brauchen Filme, die den Frauen Mut machen. Also kann sich der Zuschauer schon irgendwie denken, dass derjenige, dessen Unschuld zu beweisen gilt, am Ende doch nicht so unschuldig ist, wie es anfangs scheint. Bleibt also die Frage, ob der Weg zur Aufklärung des Falls spannend genug ist, um als Zuschauer dran zu bleiben oder ob der Film irgendwas an der Mentalität ändern kann, was sexuelle Übergriffe betrifft. Nunja. Also mit klaren Fakten wird der Fall am Ende nicht gelöst, soviel ist klar. Vielmehr wird es sehr emotional und der Weg zur “Auflösung” des Falls ist sehr verwirrend. Für mich persönlich ein bisschen zu konstruiert. Das “Opfer” zieht sich gern etwas freizügiger an und steht in Verruf, ein Mädchen zu sein, das sehr leicht für Sex zu haben ist. Klar, die Männer reden sich in dem Punkt gern damit raus, dass das Mädchen ihr “schlechtes Verhalten” ja geradezu provoziert hat. Der Freundin des mutmaßlichen Täters, die vorerst an seine Unschuld glaubt (jemand twitterte sehr trefflich, dass sie ziemlich an Maeve von “Sex Education” erinnert) begegnen auf Schritt und Tritt Situationen mit Männern, in denen sie belästigt wird. Es wird gezeigt, wie schwer es ist, als Frau allein unterwegs zu sein, ohne solchen Angriffen ausgesetzt zu sein. Und sei es, da onaniert ein Mann auf dem Weg zum Zug. Da nützt dann auch kein extra Frauenabteil im Zug, wenn schon der Weg dahin zum Spießrutenlauf wird. Was hier deutlich wird: sexuelle Belästigungen finden immer und überall statt. 

Die wichtigen Zahlen kommen zum Schluss: 95% der Fälle werden nicht bestraft. Oft können sich die Täter einfach frei kaufen oder dem Opfer wird nicht geglaubt. Hier spielt vor allem die allgemeine Meinung eine Rolle, dass die Frau das Verhalten des Mannes wahrscheinlich provoziert hat. Frau darf nicht so sein, wie sie will. Sie hat sich gefälligst am Besten unsichtbar zu machen. Und in 97% der Fälle kennen sich Opfer und Täter. Und um kein Drama innerhalb der Familie/dem Bekanntenkreis zu machen, ist Schweigen das oberste Gebot.

Schuldig macht sich also letztlich auch immer die Gesellschaft, die solche Fälle nicht härter bestraft und die Mentalität beibehält. Nämlich dass die Frau selbst Schuld ist, wenn sie in eine solche Situation gerät.

Zu sehen bei Netflix: https://www.netflix.com/de/title/81116486

EN 

Do we need a film about #metoo abuse? Of course not. We need films that encourage women. So the viewer can somehow think that the person whose innocence needs to be proven is ultimately not as innocent as they initially seem. Will the path to clearing up the case be exciting enough to stay tuned as a viewer? Can the film change anything about people’s mentality regarding sexual assault? 

The case is not solved in the end with clear facts. Rather, it gets very emotional and the path to “resolving” the case is very confusing. A bit too constructed for me personally. The “victim” likes to dress very sexy and most of the men think that it is very easy to have sex with her. Sure, the men like to say that the girl has provoked their “bad behavior”. The alleged perpetrator’s girlfriend, who initially believes in his innocence (someone tweeted very well that she was very reminiscent of Maeve from “Sex Education”), encounters situations with men at every turn in which she is harassed. It shows how difficult it is to be alone as a woman without being exposed to such attacks. Even if a man masturbates on the way to the train. There is no need for an extra women’s compartment on the train to protect women even if the way is dangerous too. What is clear here: sexual harassment takes place always and everywhere.

The important numbers are shown at the end: 95% of cases are not punished. Often, the perpetrators can simply buy a not guilty verdict or the victim is not believed. The general opinion that the woman has probably provoked the behavior of the man plays a role here. A woman cannot be who she wants to be. It is best to make yourself invisible. And in 97% of the cases victims and perpetrators know each other. In order not to make a drama within the family / or among acquaintances, silence becomes the top priority.

Ultimately, the blame lies within the society since it does not punish such cases more severely and allows the current perceptions of sexual abuse to thrive. Namely, that the woman is to blame if she suffers sexual abuse.

Watch on Netflix: https://www.netflix.com/de/title/81116486

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Delhi Crime – Es geschah im Jahr 2012

Die unfassbar brutale Vergewaltigung einer Frau durch sechs Männer im Jahr 2012 in Delhi wird niemand vergessen, der diesen Fall in den Medien verfolgte. Diese Gruppenvergewaltigung löste auch international großes Entsetzen aus und ist seitdem Ausgangspunkt für viele indische Filme zu diesem Thema, Grund für neue und härtere Gesetze zum Schutz von Frauen. Manchmal habe ich das Gefühl, es hat sich trotzdem noch lange nicht genug getan. Von daher ist diese Serie äußerst wichtig. Die Geschichte von Jyoti Singh Pandey, die zwei Wochen nach dem furchtbaren Leid, das ihr zugefügt wurde, ihren Verletzungen erlag, darf nie vergessen werden.

Kann man sich diese Serie wirklich antun? Ein realer Fall, an Brutalität gegenüber einer Frau nicht zu überbieten. In allen furchtbaren Details nachzuvollziehen. Ich gebe zu, ich konnte es nur vorsichtig. Eine Folge am Tag war genug. Das muss Frau sacken lassen. Die Szenerie ist aber spannend genug, dass man weiter schauen möchte. Sechs Jahre Recherche für dieses Projekt haben sich gelohnt. Vor allem beeindruckt hat mich die schonungslose Sicht auf den Polizeialltag. In vielen Filmen schon angedeutet, mit welch unkonventionellen Methoden die Polizisten ermitteln müssen, wird hier der schwere Polizeialltag in allen Problematiken beleuchtet: da fällt schon mal der Strom im Polizeirevier aus, weil das Budget des Reviers erschöpft war. Da kann sich der Verhaftete beim Weg über den Fluss losreißen, weil es keine Handschellen gibt und die Polizisten kommen nicht hinterher, weil sie nicht schwimmen können. Da werden sie von Richtern und Medien angefeindet, weil sie generell alle für korrupt gehalten werden und einige das auch sind, weil das Gehalt nicht im Geringsten ausreicht. Da muss man sich damit behelfen, was man in US-Crimeserien gesehen hat, um erfolgreiche Polizeiarbeit zu leisten. Polizisten in den USA, die leben aus ihrer Sicht einen wahren Traum. Sie haben Autos, Zeit für körperliches Training und vor allem genug Geld, um nicht korrupt sein zu müssen.

Leslee Udwin hatte für die BBC 2015 eine Dokumentation gedreht (India’s Daughter), die in Indien verboten wurde. Sie hatte einen der Täter interviewt, der in keinster Weise etwas bereut und der Frau die Schuld an der Vergewaltigung gab, da sie nicht abends „herumstreunen“ sollte. So wie bei ihm so gar kein Mentalitätswandel stattgefunden hat, scheint es bei noch so vielen Männern der Fall.

Der Tod der jungen Frau, die es wagte, sich gegen ihre Vergewaltigung zu wehren, darf definitiv nicht umsonst gewesen und die Aufarbeitung dieses Falls auch in dieser Form ist sehr wichtig.

Zu sehen bei Netflix: https://www.netflix.com/de/title/81076756 

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MOM – die Rache einer liebenden Mutter

Dieser Film ist nichts für schwache Nerven. Bei Vergewaltigung geht es aber auch nicht um Wohlfühlkino, sondern ist an sich ja schon spannungsgeladenes Thema. Wie schon in dem empfehlenswerten Film „Ajji“ geht es um Rache, nachdem die  Vergewaltiger eines Mädchens aus haarsträubenden Gründen vom Gericht frei gesprochen werden.

Wie heißt es so schön in einer Szene: „Gott kann nicht über allem wachen“ – „Ja, ich weiß, aber dafür hat er die Mütter erschaffen“. Was bleibt der (Stief)Mutter, gespielt von der großen Sridevi, die leider im Februar diesen Jahres verstarb, hier anders übrig, als zu überlegen, etwas falsches oder sehr falsches zu tun, wenn sie mit ansehen muss, wie grausame Individuen das Leben ihrer Tochter sogar auslöschen wollten, aber auf jeden Fall nachhaltig geschädigt haben, denn mit so einem Ereignis wird man nie wieder an das vorherige unbeschwerte Leben anknüpfen können. Allein gelassen von Polizei und Justiz muss man doch zwangsläufig an Selbstjustiz denken, wenn die Täter ohne jegliche Bestrafung fröhlich und ohne Einschränkung weiter leben können, während das Leben ihrer Tochter zerstört wurde. Ihr zu Hilfe kommt einer meiner liebsten Schauspieler Nawazuddin Siddiqui, ein Privatdetektiv, der das Leid der Mutter nachvollziehen kann. Er sammelt Informationen zu den Tätern, damit sie ihre Rachepläne schmieden kann, um deren Leben ebenso zu ruinieren. Das ist dann auch sehr spannend und man weiß als Zuschauer natürlich, dass es irgendwie nicht richtig ist, aber auf der anderen Seite muss es auch irgend eine Bestrafung für die Täter geben.

Die ersten Rachefeldzüge funktionieren auch sehr gut und wie geplant; dann nimmt es aber doch einen Verlauf, der am Ende nochmal für sehr viel Dramatik sorgt, denn sowas kann letztlich ja doch nicht gut gehen.

Spannend bis zuletzt, mit Bollywood-Größen wie Sridevi, Nawazuddin Siddiqui, Akshaye Khanna. Sridevi bekam nicht umsonst sehr viele Filmawards für diese Rolle. Die Dramatik ist typisch bollywoodesk überzogen, am Ende vielleicht etwas zu übertrieben und unrealistisch. In jedem Fall ist die Botschaft klar: Immer konfrontiert mit der extrem schwierigen Frage im Hinterkopf, ob man wirklich Rache nehmen darf oder die Täter eines so schwerwiegenden Verbrechens ungestraft lassen sollte.

Zu sehen bei Netflix: https://www.netflix.com/title/80201175 

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Ajji – keine Tat bleibt ungestraft

Traurigerweise beschreibt dieser Film die in Indien unverändert tragische Situation für Vergewaltigungsopfer. Obwohl es seit 2012 sehr viel härtere Gesetze gibt, um abschreckend zu wirken, werden diese Gesetze zu oft nicht umgesetzt, da das Rechtssystem teuer, korrupt und langwierig ist. Der jüngste Fall vom Mai ist an Grausamkeit nicht zu überbieten. Der Vater eines vergewaltigten Mädchens bestand darauf, die Täter zu bestrafen. Aus Verärgerung über die verhängte (lächerliche) Strafe (Rumpfbeugen und 625 Euro) drangen die Täter in das Haus der Familie ein, übergossen das ohnehin schon geschändete Mädchen mit Benzin und zündeten es an, so dass es bei lebendigem Leid verbrannte. OHNE WORTE. Was würde man im Gegenzug allzu gern mit diesen …wie soll man solche Leute nennen…Menschlich ist das letzte, was man dazu sagen kann…grausamen Individuen machen?

Mit dieser Frage beschäftigt sich der Film Ajji. Ein 10jähriges Mädchen wird vergewaltigt. Der Täter ist schnell ausgemacht. Das Problem: er ist ein einflussreicher und wohlhabender Bauunternehmer. Der zuständige Polizist tut alles, um die Familie mit Drohungen so einzuschüchtern, dass sie keine Anzeige erstatten (denn er bekommt Schmiergeld..auch ein Problem, das niedrige Gehalt von Polizisten). Der Vater der Familie arbeitet zu lange in der Fabrik, die Mutter verkauft ohne Lizenz Essen, die Großmutter näht Kleidung für Prostituierte. Sie müssen das alles tun, um überleben zu können. Doch der Polizist könnte dafür sorgen, dass sie alle ihren Arbeiten mit einem mal nicht mehr nachkommen dürfen.  Also sind sie gezwungen, zu schweigen. Während der Zuschauer mit ansieht wie die Großmutter täglich versucht, die Wunden des armen kleinen Mädchens zu versorgen. Über Tage hinweg müssen wir mit dem armen Mädchen mitleiden. Ohne wirkliche ärztliche Hilfe. Der Großmutter bricht es (wie auch dem Zuschauer) das Herz, dass diese grausame Tat ungesühnt bleiben soll, während der Täter mit seinem sexuellen Treiben ungeschoren weiter macht. Sie ist eine sehr alte Frau mit Gebrechen und man kann sich erst nicht vorstellen, was sie gegen ihn unternehmen könnte. Aber sie schmiedet gut überlegte Pläne und man ist als Zuschauer davon gefesselt, wie sie sich am Ende an diesem Brutalo, der ihre Enkelin so zugerichtet hat, rächen wird. Das verrate ich hier natürlich nicht. Aber soviel: für Männer wird es kaum zu ertragen sein.

Natürlich ist das keine Option. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Selbstjustiz. Was aber in Indien auch durchaus an der Tagesordnung ist. Selbstjustiz. Ein Mob mordet Menschen nur aufgrund von Gerüchten. Ich finde an dem Film besonders gut, dass hier auch das Leiden des Mädchen danach so ergreifend dargestellt wird. Und sehr spannend ist es, die Großmutter auf dem Weg zur Rache zu begleiten. Wie sie den Täter lange genug beobachtet, um am Ende mit dem Einsatz ihrer Möglichkeiten zu zuschlagen. Ich persönlich finde solche realistischen Darstellungen des Lebens von Mädchen in Indien sehr sehr wichtig und ich finde den Film sehr gelungen!

Zu sehen auf Netflix: https://www.netflix.com/de/title/80993495 

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