Bollywoodelfe's Blog

Eine deutsche Sicht auf Bollywood, Indien , Pakistan

Sacred Games – der Pate von Bombay

Als ich hörte, wer die Hauptdarsteller dieser ersten von Netflix produzierten indischen Serie sind, waren meine Erwartungen ziemlich hoch. Und was soll ich sagen: sie wurden sogar noch übertroffen!

Die Hauptdarsteller überzeugen perfekt mit ihren Rollen:

  • Saif Ali Khan spielt Inspektor Sartaj Singh. Ein Bulle im wahrsten Sinne des Wortes mit großem Herz.  Ihn sieht man in letzter Zeit leider viel zu selten. Diese Rolle hier ist wirklich eine Bereicherung.
  • Nawazuddin Siddiqui spielt Gangsterboss Ganesh Gaitonde. Wie schon in meinem Lieblings-Psychothriller „Psycho Raman“ spielt er kriminelle Monster so überzeugend, aber gleichzeitig menschlich nachvollziehbar, dass man fast schon mit ihnen sympathisieren könnte.
  • Radhika Apte spielt RAW Agentin Anjali Mathur.  In die „Zeit der Frauen“ spielt sie eine tolle starke, nach Unabhängigkeit strebende Frau und in „Lust Stories“ war sie unglaublich nervtötend mit ihrer Art, nicht nachzulassen. Beides passt super zu ihrer Rolle als unerbittlich nachjagende Agentin.

Die Geschichte basiert auf dem preisgekrönten Roman von Vikram Chandra.

Polizeiinspektor Sartaj Singh versucht in einem Geflecht aus Korruption und Lügen seinem Job als Polizist auf ehrliche Weise zu nachzukommen. Das bringt ihm viel Ärger mit seinen Kollegen ein, die ihn dafür auch schon mal verprügeln. Privat hat er auch noch eine schwere Bürde zu tragen: als verlassener Ehemann ist die Stimmung nach dem Dienst eher melancholisch und ihm fehlt sichtlich das Zuhause, aus dem er Kraft schöpfen kann. Um den Dienst zu überstehen, muss er auch schon mal zu Tabletten greifen.

Plötzlich bekommt er seltsame Anrufe von einem Mann, der seinen Namen nicht nennen will. Er hat Sartaj ausgewählt, um ihm seine Geschichte zu erzählen und ihn zu warnen, dass in 25 Tagen ein großes Unglück über die Stadt Bombay (heute Mumbai) hereinbricht. Wieso ausgerechnet Sartaj kontaktiert wird, erfährt der Zuschauer erst kurz vor Ende der 1.Staffel. Bei dem anonymen Anrufer handelt sich um den Gangsterboss Gaitonde, der eigentlich schon lange von der Bildfläche verschwunden ist.

Noch am Ende der ersten Episode treffen die beiden das erste Mal in einem Bunker aufeinander. Über die folgenden Episoden erfährt man durch Rückblenden in die Vergangenheit, wie dieser Gaitonde vom Sohn eines Bettlers zu einem der gefürchtetsten Paten von Bombay aufgestiegen ist. Die Rückblenden in die Kindheit werden von meinem Lieblingskind Sunny Pawar gespielt, den ich seit Lion in mein Herz geschlossen habe.

Was mir an der Serie sehr gefallen hat:

  • Die Rückblenden sind einfach großartig. Man taucht so tief mit in Bombays spannende Unterwelt ein, als wäre man fast selbst mit dabei beim Aufstieg eines Kleinkriminellen zum größten Gangsterboss der Stadt. Fast wünscht man ihm Glück dabei, seine großen Ziele im Kampf gegen die anderen Unterwelt-Bosse zu erreichen. Es werden einem mal wieder deutlich die Besonderheiten der indischen Gesellschaft vor Augen geführt: Waffen und Drogen sind im kriminellen Alltagsgeschäft nur Peanuts…richtig was zu holen gibt es, wenn es um Politik geht. Vor allem wenn Religion dabei eine Rolle spielt. Hindus gegen Moslems ist ein unendliches Thema.
  • Die Kameraeffekte sind grandios. Mit starken Lichteffekten wird zu jeder Zeit eine ganz besondere intensive und spannungsgeladene Stimmung gezaubert. Das warme gelbe Licht tauchte mich zugleich in ein sehr wohliges Gefühl.
  • Beide Geschichten, die des Gangsterbosses in der Vergangenheit und die des Inspektors in der jetzigen Zeit sind so spannend, dass man unbedingt wissen möchte, wie ihre Geschichte verläuft. Die Charaktere sind so anziehend, dass ich mich sehr mit ihnen verbunden fühlte. Und umso spannender ist es, dass sich diese beiden Geschichten auch noch kreuzen.

Möglicherweise findet jemand, der bisher nicht so tief in die Eigenheiten der indischen Lebensweise eingetaucht ist wie ich, einiges befremdlich. Für mich ist das alles so vertraut, dass ich mich fast wie zu Hause in der Serie fühle.

Es passiert allerdings so viel auf einmal und ist alles so detailreich dargestellt, dass ich die Serie definitiv nochmal schauen muss, damit einiges noch klarer wird. Man muss aber auch nicht alles bis ins Detail verstehen.

Fazit: Es war mir ein absolutes Sehvergnügen und ich hoffe natürlich inständig, dass ich bald die zweite Staffel zu sehen bekomme!

https://www.netflix.com/title/80115328 

 

Hinterlasse einen Kommentar »

Rangoon – und was nun?

Also wenn ihr mal so einen richtig merkwürdigen indischen Film sehen wollt: da ist er! Rangoon ist allerdings nicht unbedingt merkwürdig gut…mehr so die Frage: ist das Kunst, oder kann das weg?

Ich habe schon das Gefühl, dass der Film einen künstlerischen Anspruch haben sollte, aber irgendwie ist bei mir der Funke so gar nicht übergesprungen…und ich bin eigentlich für alles offen.

Die Geschichte hinter dem Film ist eigentlich perfekt für eine dramatische Liebesgeschichte: 1944, der 2. Weltkrieg wütet. Indien steht kurz vor dem Befreiungsschlag aus der Britischen Kolonialherrschaft. Die Sängerin Miss Julia (Kangana Ranaut) soll den Soldaten an der Front mir ihren Auftritten etwas Lichtblick verschaffen. Der Mann, der Julia beschützen soll, kommt ihr näher, als er sollte. Krieg – Liebe und Verrat erwarten den Zuschauer.

Soweit so gut. Wenn da nicht zwischendurch so groteske Szenen wären. Die hässlichen Seiten des Krieges sind so realistisch dargestellt wie in den großen Hollywoodschinken Platoon oder Soldat James Ryan…wenn die Kamera hinterher wackelt, dass einem gleich schwindelig wird. Brutal, unmenschlich, die Wahrheit. Und dann plötzlich: Auftritt der Heldin Julia in Form eines 40er Jahre Hollywood-Broadway-Musical. Ähhhm. Wie bitte? Nein! Das passt einfach nicht zusammen. Diese einzelnen Genres für sich, ok, aber zusammen gemixt eher eine Katastrophe für den Zuschauer, der ständig zwischen groteskem Musical und Realität und Lovestory und dramatischem Unabhängigkeitskampf Indiens hin- und herschalten muss. Und dieser verdammte britische Offizier, der ein so abartiges Hindi spricht, dass einem die Ohren bluten…argh!

Das Drehbuch wurde von Matthew Robbins geschrieben, der auch schon an „7 Koon Maaf“ beteiligt war. Der auch einen sehr ungewöhnlichen Stil hatte, aber der war durchgehend und hat einfach gepasst. In Rangoon passt das alles irgendwie nicht zusammen. Was wollte man damit bezwecken? Dass die britische Besatzungsmacht nicht ganz so beschissen dasteht, weil man ja am Ende als Zuschauer gar nicht mehr weiß, war das jetzt ein Theaterstück oder Realität? Weil man mal wieder etwas außergewöhnliches wagen wollte? Lobenswertes Vorhaben…ist bei mir nur leider nicht angekommen.

Bitte melden, wenn jemand diesen Film in seiner künstlerischen Darbietung versteht. Ich kann das so nicht als „historisches“ Drama verstehen.

Hinterlasse einen Kommentar »

Go Goa Gone – indische Zombedy

Auch dieses Jahr hatte das Fantasy Filmfest einen Beitrag aus Indien aufzubieten. Eine Mischung aus Zombie- und Comedy-Film, also ein Zombedy-Film. Und mit Saif Ali Khan diesmal auch ein großer indischer Star mit von der Partie. Klang lustig, neuartig, ich war gespannt.

Der Sprecher des Filmfestes begrüßte das Publikum mit den Worten: „Während andere Leute am Sonntag um 12 Uhr mittags brav in die Kirche gehen, seht ihr euch also einen Zombiefilm an.“  Ja genau…da fühlte ich mich mit Gleichgesinnten gut aufgehoben. Vor mir kam die Frage auf, ob es einen Knall gäbe, wenn sich Anti-Fan & Fan in diesem Film begegnen. Ich dachte mir, den Knall muss man schon haben, um hier zu sitzen. Die Anmerkung des Sprechers, dass dieser Film ohne große indische Musik- und Tanzeinlagen auskommt, wird vom Publikum mit einem ironischen „Ohhhhhhh“ kommentiert.

Der Ansager gab nun zu verstehen, dass es eine große Botschaft in diesem Film gibt, die ständig wiederholt werde, auch in der Intermission, also werde man sich die Intermission sparen und ohne Pause fortfahren. Die Botschaft kam dann auch prompt in Form einer Ansage vor dem Film von Saif Ali Khan, dass Rauchen & Alkohol & Drogen das Leben bedrohen und auch wenn sie es im Film die ganze Zeit tun, sollte man dies im realen Leben bloß nicht nachmachen. An diese Anti-Drogenwerbung vor Filmbeginn bin ich ja schon gewöhnt, aber das FantasyFilmfest-Publikum offensichtlich nicht und es gab großes Gelächter. Ebenso bei der Ankündigung des großen Werbepartners: Starring VW. Gelächter. Bei soviel Gelächter schon bevor der Film angefangen hat, hatte sich der Kinomittag doch schon gelohnt.

Nun zum Film. Eine Party auf einer einsamen Insel, organisiert von der Russenmafia…da klingt so vielversprechend, dass die drei Freunde Hardik (arbeitsloser Draufgänger), Luv (gerade von der Liebe gedisst) und Bunny (naiver Spender der Goa-Reise) unbedingt mitfeiern müssen. Also nichts wie hin mit einem Boot. Auf der Insel geht es auch schon richtig ab…fluoreszierende Pillen versprechen den besten Flash, aber für die Freunde viel zu teuer.  Und das ist auch gut so. Am nächsten Morgen haben sich nämlich die Pillenschlucker in Zombies verwandelt und die Freunde inklusive heißem Chick von der Party müssen sich irgendwie von der Insel retten.

Alles mit diesem Schuss indischem Humor, der mir leider immer etwas zu slapstickmäßig überdreht ist.

Aber, es gibt drei Dinge, für die es sich doch gelohnt hat, den Film zu sehen:

  1. Saif Ali Khan als Terminator-Boris ist wirklich zum schießen. Er versucht den Russen zu mimen und spricht mit russischem Akzent. Herrlich! Bunny enttarnt ihn dann allerdings schnell als Desi.
  2. Boris & sein muskulöser Begleiter kommunizieren zum Schutz vor den Zombies mit einer Zeichensprache. Da die anderen diese nicht verstehen, wird eine lustige Charade daraus.
  3. Hardik wird von einem Zombie-Girl verfolgt und diese Verfolgungsjagd wird mit einem Liebeslied untermalt

Ja, aus diesem Film kann man viel lernen: Hände weg von Drogen, sonst = Hirntot. Fühlt sich wie ein Lehrfilm an. Mit diesem typischen indischen Humor mit allerlei Erkenntnissen: Indien hat doch normalerweise nur Ghosts & Spirits. Wo kommen plötzlich die Zombies her? Globalisierung!

Nunja, ganz amüsant. Genug Blut gespritzt. Genug Munition verballert. Genug Botschaften rübergebracht. Ende? Teil 2 kommt bestimmt…

 http://erosnow.com/#!/movie/watch/1005076/go-goa-gone 

 

9 Kommentare »