Die Frage stand im Raum: kann die Biographie des Bollywood-Schauspielers Sanjay Dutt spannend und unterhaltsam genug für jemanden sein, der sich nicht täglich mit den Schlagzeilen des Bollyversums beschäftigt? Eindeutige Antwort: JA!
Sanjay Dutt, so lernen wir, hatte es nicht leicht. Seine Eltern Nargis und Sunil Dutt waren große Bollywood-Filmlegenden. Sanjus Freund Kamlesh „Kamli“ erklärt später mit angetrunkenem Mut Sanjus Vater, dass er sich gar nicht erst anstrengen wollte, das hohe Niveau der Eltern zu erreichen, da er es für unerreichbar hielt. Die disziplinarischen Erziehungsmethoden des Vaters reißen Wunden in Sanjus junge Seele. Und leider scheint Sanju nicht unbedingt der Allerhellste zu sein, so dass er oft unfreiwillig in Schwierigkeiten gerät. Der Umgang mit falschen Freunden treibt ihn in die Drogensucht. Er verliert in der Zeit viel und es scheint ein Wunder, dass er diese Zeit überlebt hat. Mittendrin im Fokus der Medien, die nach Schlagzeilen gieren, wird jeder Schritt und Tritt von ihm mit allen möglichen Spekulationen betitelt. Später landet er sogar im Gefängnis, weil er ein AK-Gewehr besaß. Im wurde vorgeworfen, dass diese Waffe für die damalige Anschlagserie in Mumbai vorgesehen war. Die Medien entspinnen daraus mutmaßliche Terroristengeschichten, die ihn sogar zeitweise seine beste Freundschaft kosten. Im Film wird es so erzählt, dass er das Gewehr zur Verteidigung seines Vaters brauchte, da diesem mit Anschlägen gedroht wurde, weil er Muslimen nach Anschlägen half…unglaublich, wie fast jedes große Drama in Indien Ursprung im ewig währenden Krieg der Religionen hat.
Sehr spannend ist auch der Teil, in dem es um die damalige Problematik mit der kriminellen Unterwelt geht. Es gab eine Zeit, wo alle Bollywood-Schauspieler darum bangen mussten, von Gangsterbossen zu Events eingeladen zu werden. Wenn sie ablehnten, drohten ihnen Anschläge auf ihr Leben. Sanju ist auf seine passende Weise damit umgegangen. Er hatte aus seiner Sicht nicht viel zu verlieren und das kam ihm wohl zugute.
In vielerlei Hinsicht finde ich diesen Film großartig:
- die Kostümbildner haben großes Lob verdient. Herausragend, wie man in vergangene Zeiten zurück geschleudert wird
- Ranbir Kapoor hat es einfach drauf. Eine würdigere authentische Vertretung hätte Sanju sich nicht wünschen können
- mein neuer Lieblingsschauspieler (muss ich immer wieder erwähnen <3) Vicky Kaushal spielt ebenso wahrhaftig und herzerwärmend
- die Umsetzung der Szenen, in denen Sanju den Drogen verfällt, sind gleichsam unterhaltsam und in ihrer Dramatik für die Umwelt dargestellt
- es gibt gleichermaßen wirklich rührende, wie auch lustige Momente
- die Lieder sind sehr schön und passend
Der Film macht mal wieder schmerzlich bewusst, wie sehr man zu leiden hat, wenn man unter dem steten Druck der Öffentlichkeit steht. „Lass sie reden“ ist da leicht gesagt. Natürlich haben wir selten die Gelegenheit, zu den Schlagzeilen auch die andere Seite zu hören. Dieser Film trägt auf jeden Fall viel zum Verständnis für Prominente bei (in welcher Mitte auch immer die Wahrheit liegt) und lässt uns ein ziemlich turbulentes und wirklich dramatisches Leben miterleben.
Sehenswert und beeindruckend!
Netflix: https://www.netflix.com/de/title/81020508