Bollywoodelfe's Blog

Eine deutsche Sicht auf Bollywood, Indien , Pakistan

Kalank – Zerstörung oder Liebe?

Während andere bei Bollywoodfilmen gern ihren Gefühlen freien Lauf in Form von Tränen lassen bin ich eher jemand, der einer emotionalen Überdosis mit Lachen begegnet. Dieser Film hat mich unglaublich zum Lachen gebracht. Ich lache quasi immer noch. Und zwar aus folgenden Gründen:

  • Diese Geschichte ist sowas von konstruiert (ich möchte nicht spoilern und erzähle sie nicht). Schon lange nicht mehr so viel Tragik gesehen und mit jeder Sekunde werden die Absurditäten noch übertrumpft. Tragikomik par Excellence.
  • Die Schauspieler treffen mitten ins Herz. Trotz dieser konstruierten Geschichte ist man mittendrin in der Dramatik und liebt und leidet und kämpft und weint und lacht mit den Darstellern mit, als könnte es sich wirklich genauso zugetragen haben.
  • Die überdramatischen Specialeffects, die das Leiden tausendfach in die Länge ziehen. Der Zug fährt quasi mit 1km/h, damit man die Abfahrt 30min hinauszögern kann.

Es ist ein absolut klassischer Bollywood Blockbuster mit Hang zur Absurdität und bis ins Letzte perfekt inszenierten Tanzchoreographien und großen Stars. Einige Dramatiken enstehen aus wirklich existierenden Traditionen heraus. Zum Beispiel dass die jüngeren Schwestern erst heiraten dürfen, wenn die ältere Schwester verheiratet ist. So dass sich die älteste Schwester in eine Ehe ohne Liebe aufopfert. Oder der ewige Kampf zwischen Hindus und Moslems, der immer gut ist für ein möglichst dramatisches Erlebnis ist. Wenn man schon lange nichts mehr Irrwitziges gesehen hat, dann ist man hier richtig. Die ganzen negativen Reviews zum Film (die auch schon an sich aberwitzig sind, wenn z.B. kritisiert wird, dass beim Hauptdarsteller zuviel schwarzer Kajal verwendet wurde) interessieren mich wenig. Ich fand’s schön mal wieder einen Bollywoodschinken zu sehen…triefend vor Dramatik und mit gewaltigen Kitsch-Bildern.

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Bucket List – Herzenswünsche

Die 40jährige Madhura (Madhuri Dixit) benötigt eine Herztransplantation und nachdem sie tatsächlich ein Herz von einem Unfallopfer bekommt, verspürt sie den Drang herauszufinden, wer der Spender ihres neuen Herzens war. Das Herz gehörte der 20jährigen Sai und nachdem Madhura auch Kontakt zu deren Freunden herstellt, findet sie heraus, dass Sai eine „Bucket List“ erstellt hatte mit Dingen, die sie unbedingt vor ihrem 21. Lebensjahr gemacht haben wollte. Madhura hat das starke Bedürfnis, sie müsse diese Liste abarbeiten in Vertretung für Sai. Zuvor nur als Mutter, Ehefrau und Familienversorgerin dafür sorgend, dass es allen anderen gut geht, findet sie beim Erfüllen der Aufgaben mehr zu sich selbst als die 40 Jahre zuvor und erkennt aber für sich am Ende, dass sie so eine Liste doch nicht benötigt, um ihrem Leben noch mehr Inhalt zu geben, da ihr Mann ja schon ihrem Leben genug Inhalt gibt. Klingt komisch? Ist es auch…

Was mir persönlich nicht gefallen hat:

-die Bucket List hätte viel spannendere Ereignisse bereit halten können. Die wirklich witzigen Dinge wie Glatze schneiden oder tätowieren, hatte Sia wohl schon erledigt. Die hier gezeigten Aufgaben sind ziemlich unaufregend

-es kam überhaupt keine emotionale Stimmung auf. Es plätschert alles etwas belanglos vor sich hin

Warum ich den Film nicht gänzlich als verschwendete Zeit ansehe:

-Madhura Dixit ist einfach so zauberhaft und charmant, dass man ihr auch stundenlang zusehen kann, ohne den Film an sich gut zu finden

-es ist ganz gut, sich mal wieder Gedanken darüber zu machen, ob es noch unerfüllte Wünsche gibt, die man noch unbedingt in diesem Leben machen wollte. Meine persönliche Liste besteht eigentlich nur daraus, immer wieder etwas Neues zu machen und zu entdecken

Zu sehen bei Netflix: https://www.netflix.com/de/title/81029848

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Dedh Ishqiya – ein Film zum Verlieben Part II

Die indische Botschaft in Berlin machte es zum 100jährigen Jubiläum des indischen Kinos möglich, den Nachfolgefilm von Ishqiya auf großer Leinwand, umringt von der zahlreich erschienenen indischen Gesellschaft zu erleben. Das schöne daran, inmitten indischer Zuschauer zu sitzen ist zu beobachten, dass diese an ganz anderen Stellen lachen als ich. Der Humor ist einfach sehr speziell, da muss mit dem Slapstick-Zaunpfahl auf die Lachmuskeln gedroschen werden, während mich die kleinen feinen subtilen Details ungemein amüsierten. Vielleicht eines der Erfolgsgeheimnisse dieses Films: jeder kommt auf seine Unterhaltungskosten, er spricht garantiert jeden an.

Es geht um zwei starke Frauen, Begum (Madhuri Dixit) und Muniya (Huma Qureshi), die die Verliebtheit zweier Gauner für ihren Weg in die Freiheit auszunutzen wissen. Am Ende haben sie zwar nicht alles, was sie wollten, aber dafür alles, was sie brauchen, und das ist eben ihre Freiheit. Wie schon Ishqiya eine wunderbare Liebeserklärung an starke Frauen. Die ja sonst in indischen Filmen maximal eigensinnig sein dürfen, dabei auch gern sozial engagiert, aber am Ende ist doch immer der Mann der Held, der allen Widrigkeiten zum Trotz das Herz jeder noch so starrsinnigen Frau erobern kann. In Dedh Ishqiya stehen die beiden Betrüger Khalujan (Naseeruddin Shah) und sein Neffe Babban (Arshad Warsi) ganz bestimmt nicht als genarrte Trottel da, auch wenn sie mal wieder mit beiden Beinen tief in ihrem eigenen Grab stecken. Aber hier ist die Heldenrollenverteilung mal absolut gleichberechtigt. Finde ich. Dass hier im Film die Verbundenheit zwischen zwei Frauen  so offensichtlich dargestellt wird, ist auch neu. Und wahrscheinlich auch ziemlich verwirrend für Inder, die das gar nicht mit Worten zu beschreiben vermögen.

Der Film trägt nicht umsonst die Liebe im Titel, denn es ist eine Liebeserklärung an so viele Dinge. Z.B. an Urdu, die Sprache der Poeten, die zwar für den normalen Sprachgebrauch der Inder etwas abgehoben sein mag, aber sich einfach am besten zum Vortragen von Gedichten eignet. Im Wettkampf um Begum liefern sich die Männer einen Wettstreit mit Versen, so leidenschaftlich vorgetragen, dass man sich jedes einzelne Wort auf der Zunge zergehen lassen soll und Gänsehaut von einem perfekt vorgetragenen Gedicht bekommt.  Ein sehr poetischer Film, der schon deswegen aus allen anderen Filmen heraussticht. Gedreht wurde in Lakhnau/Lucknow, einem Ort in Indien, der bekannt dafür ist, dass dort das beste und reinste Urdu und Hindi gesprochen wird. Ich versuche jetzt schon seit einigen Jahren, einen Urdu-Kurs zu machen. Leider scheitert er immer an einer zu geringen Teilnehmeranzahl. Ich hoffe inständig, dass sich nach diesem Film vielleicht etwas mehr motivierte Urdu-Lernende finden werden.

Eine Liebeserklärung an die subtilen und offensichtlichen Phasen der Liebe. Anziehungskraft, Leidenschaft, Verbundenheit, Liebe, Vertrauen, Verehrung, Obsession…und als letzte Phase der Tod? Es ist einfach zuckersüß, wenn Begum Khalujan mit seinem richtigen Namen „Iftikhar“ anspricht (seinem muslimischen Namen, denn Khalujan wird er nur von seinem Neffen Khalujan genannt, was soviel wie Onkel bedeutet) und er fast in Ohnmacht fällt, weil sie den Namen mit soviel Gefühl und Leidenschaft ausspricht, als wären allein die Worte schon wie Sex. Zwischen Babban und Muniya läuft das alles etwas offensichtlicher ab, was die körperliche Leidenschaft angeht. Macht aber auch Spaß anzusehen.

Und nicht zuletzt eine Liebeserklärung an die großartigste Tänzerin dieser Zeit, Madhuri Dixit. Wir tanzen dieses Semester in unserem Tanzkurs den Song „Hamari Atariya“ nach und ich hoffe, dass wir das ihr zu Ehren es zumindest zu einem Bruchteil schaffen, es ebenso leidenschaftlich wie elegant zu tanzen. Eine riesige Herausforderung, die uns erwartet.

Human Qureshi war bei der Vorführung persönlich anwesend und erzählte ein wenig von ihrer Sicht auf die Dreharbeiten. Die größte Herausforderung war für sie Urdu zu sprechen. Obwohl sie auch selbst Urdu spricht, hat sie sich doch das ein oder andere mal verhaspelt. Und der Regisseur hat sehr minimale Anweisungen für die Schauspieler gegeben. Das hätte sie nicht gedacht, dass es möglich wäre, einen Film derart zu improvisieren, das kannte sie bisher nur vom Theater. Und am Drehort Lucknow gefiel ihr am besten das Essen.

Über den Film könnte man eigentlich einen ganzen Roman schreiben, weil er so verdammt viel enthält, aber um zum Fazit zu kommen: wie auch schon Ishqiya, absolut ein Film zum Verlieben! Ganz große indische Filmkunst!

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