(Filmcrew bei der Berlinale)
Laila aur satt geet | The Shepherdess and the Seven Songs. Ein Film in Gurjari/Gojri, eine Sprache, die von Stämmen Indiens, Pakistans und Afghanistans gesprochen werden. Die Volkserzählung der Wanderhirtin Laila ist inspiriert von der Dichtung der kaschmirischen Mystikerin Lalleshwari, die im 14. Jahrhundert lebte und auch als Lalla bzw. Lal Ded bekannt ist (siehe Details aus der Beschreibung der Berlinale)
Laila ist ein wunderschönes junges Mädchen, das zu einem Gujjar-Bakarwal Stamm gehört, eine Gemeinschaft von Nomaden, die mit ihren Schafen in Kaschmir umherzieht. Ab einem gewissen Alter muss man heiraten und so heiratet sie Tanvir, einen Stammesgenossen und sie ziehen vor dem heftigen Schneefall weg weiter ins Tal. Ihr Schönheit wird schnell zum Gesprächsstoff in der umliegenden Gegend. Ein Polizeibeamter und sein Handlanger Mushtaq gehen ins Lager unter dem Vorwand, die Identitäten der Personen prüfen zu müssen. Ihnen geht es aber mehr darum, einen Blick auf die wunderschöne Laila zu erhaschen. Sie sind sehr beeindruckt von ihr. Denn Laila ist mutig und lässt sich nichts gefallen. Erst recht keine Zudringlichkeiten von Männern. Zwischen Mushtaq und Laila kommt es zu einem Spiel, bei dem sie sich Tricks einfallen lassen muss, um sich von seinem offensichtlichen Wunsch fernzuhalten, ihr sexuell näher zu kommen. Leider ist ihr Mann Tanvir auch nur wie ein “Bock”, der nur seinen täglichen Sex mit ihr haben will, ihr aber in keiner Weise behilflich ist, ihr Mushtaq vom Leib zu halten.
Laila Aur Satt Geet zeigt uns im Detail das harte Leben von Nomaden in Kaschmir. Sie müssen heutzutage nicht nur den harten Bedingungen der Natur trotzen, sondern vor allem auch den politischen Gegebenheiten im umkämpften Kaschmir-Gebiet. Ärger mit den Kaschmir Separatisten und den indischen Sicherheitsbeamten gehört zum Alltag. Jede Partei im Kaschmir-Konflikt möchte Kaschmir für sich besitzen. Aber keiner sieht dabei die Menschen, die dort leben. Und die Polizei suhlt sich gern in der Machtposition, den Nomaden zu zeigen, wer am längeren Hebel sitzt. Laila will sich dieser Macht nicht untergeben. Ihr Mann jedoch möchte einfach nur keinen Ärger. Eher nimmt er in Kauf, dass seine Frau von Beamten belästigt wird. Berechtigterweise sagt sie den schlimmen Satz zu ihrem Mann: “Dann schütte mir doch Säure ins Gesicht, dann hat sich das Problem gelöst.” Ihre Schönheit wird ihr in dieser männerdominierten Welt zum Verhängnis. Sie kämpft wie eine Löwin für ihr Schicksal und ihre Bedürfnisse. Sie möchte nicht von allen Männern um sie herum kontrolliert werden. Aber sie hat keine Chance auf ein friedliches Leben und muss ihre Konsequenzen ziehen.
Laila Aur Satt Geet beinhaltet sieben lokale Volkslieder, um Lailas innere und äußere Welt zu beschreiben. Sieben ist eine sehr bedeutsame Zahl für Sufis (Strömungen im Islam) und wir sehen im Film sieben Phasen in Lailas Leben. Die Lieder wurden nicht extra für den Film geschrieben, sondern für den Film als Vorlage genommen, um die verschiedenen Stimmungen von Laila zu untermalen. Sie fügen sich wirklich wunderbar zur Geschichte.
Der Film beinhaltet wunderschöne Bilder von Kaschmir, von den Wäldern, dem Leben als Schafhirt. Man möchte am liebsten auch dort umher wandern, aber weiß im gleichen Moment, dass es nicht möglich ist, sich in Kaschmir frei zu bewegen.
Es ist eine sehr traurige Geschichte, aber auch eine mit sehr starken Bildern und einer wunderbaren und beeindruckenden Darstellerin der Laila. Die kaschmirische “Mystikerin” Lalleshwari kannte ich bisher noch nicht. Der Regisseur sagt im Interview, Hindus und Moslems beanspruchen sie gleichermaßen als eine ihrer populärsten weiblichen Poetin.Sie schreibt in ihren Versen sowohl über den Hinduismus, als auch den Islam, so dass sie als Figur sehr wichtig für den Kaschmir-Konflikt ist. Zudem eine starke Antwort auf all das, was Frauen auch in der heutigen Zeit in Indien erleben müssen und bewegt. Und der Regisseur wollte zeigen, dass sich Indien eben nicht weiterentwickelt, wie es sollte, weil die Politik einem das Leben schwer macht.
Ein sehr lehrreicher und bildgewaltiger Film.
Director‘s Talk · 29.02.2020 Pushpendra Singh:
https://www.berlinale.de/de/programm/programm/detail.html?film_id=202007647#video-directors_talks
EN
Laila aur sat geet | The Shepherdess and the Seven Songs. A film in Gurjari / Gojri, a language spoken by tribes of India, Pakistan and Afghanistan. The folk tale of the wandering shepherdess Laila is inspired by the poetry of the Kashmiri mystic Lalleshwari, who lived in the 14th century and is also known as Lalla or Lal Ded.
Laila is a beautiful young girl who belongs to a Gujjar Bakarwal tribe, a community of nomads who move around with their sheep in Kashmir. At a certain age you have to get married and so Laila marries Tanvir, a fellow tribal member and they move further down into the valley because of the heavy snowfall in the hills. Her beauty quickly becomes a topic of conversation in the surrounding area. A police officer and his sidekick Mushtaq go to the tribe’s camp to verify the people’s identities. But it’s more about catching a glimpse of beautiful Laila. They are very impressed by her. Because Laila is brave and doesn’t put up with anything. Certainly no male intrusions. There is a game between Mushtaq and Laila in which she has to come up with tricks to avoid his sexual advances. Unfortunately, her husband Tanvir is just like a “goat” who only wants to have sex with her daily, but is in no way helpful in keeping Mushtaq away from her.
Laila Aur Satt Geet shows us in detail the hard life of nomads in Kashmir. Nowadays you not only have to defy the harsh conditions of nature, but above all the political conditions in the Kashmir area. Trouble with the Kashmir separatists and the Indian security officers is part of everyday life. Every party in the Kashmir conflict wants to own Kashmir. But nobody sees the people who live there. And the police like to show the nomads who have more power. Laila does not want to submit to this power. However, her husband just doesn’t want any trouble. He is willing to accept that his wife will be harassed by officials. In her desperation she says the horrible sentence to her husband: „Throw acid into my face, then the problem will be solved.“ Her beauty has doomed her in this male-dominated world. She fights like a lioness against her fate and for her needs. She doesn’t want to be controlled by all the men around her. But she has no chance of a peaceful life and must face the consequences.
Laila Aur Satt Geet contains seven local folk songs to describe Laila’s inner and outer world. Seven is a very significant number for Sufis (a mystical form of Islam) and we see seven phases in Laila’s life in the film. The songs were not written specifically for the film, but were used as a template for the film to underline the different moods of Laila. They really fit in with the story.
The film contains beautiful images of Kashmir, the forests, life as a shepherd. You want to hike around there too, but you know at the same time that it is not possible to move freely in Kashmir.
It is a very sad story, but also one with very strong images and a wonderful and impressive performance from the actress who portrays Laila. I didn’t know who the Kashmiri “mystic” Lalleshwari was. The director said in the interview that Hindus and Muslims claim her to be one of her most popular female poets, and she writes about Hinduism and Islam in her verses, making her a very important figure in the Kashmir conflict. In addition, a strong answer to everything that concerns women and what they have to deal with in India today. The director wanted to show that India is not developing as it should because the political situation make life difficult for Indians
A very educational and visually stunning film.