Bollywoodelfe's Blog

Eine deutsche Sicht auf Bollywood, Indien , Pakistan

Dedh Ishqiya – ein Film zum Verlieben Part II

- Februar 8, 2014

Die indische Botschaft in Berlin machte es zum 100jährigen Jubiläum des indischen Kinos möglich, den Nachfolgefilm von Ishqiya auf großer Leinwand, umringt von der zahlreich erschienenen indischen Gesellschaft zu erleben. Das schöne daran, inmitten indischer Zuschauer zu sitzen ist zu beobachten, dass diese an ganz anderen Stellen lachen als ich. Der Humor ist einfach sehr speziell, da muss mit dem Slapstick-Zaunpfahl auf die Lachmuskeln gedroschen werden, während mich die kleinen feinen subtilen Details ungemein amüsierten. Vielleicht eines der Erfolgsgeheimnisse dieses Films: jeder kommt auf seine Unterhaltungskosten, er spricht garantiert jeden an.

Es geht um zwei starke Frauen, Begum (Madhuri Dixit) und Muniya (Huma Qureshi), die die Verliebtheit zweier Gauner für ihren Weg in die Freiheit auszunutzen wissen. Am Ende haben sie zwar nicht alles, was sie wollten, aber dafür alles, was sie brauchen, und das ist eben ihre Freiheit. Wie schon Ishqiya eine wunderbare Liebeserklärung an starke Frauen. Die ja sonst in indischen Filmen maximal eigensinnig sein dürfen, dabei auch gern sozial engagiert, aber am Ende ist doch immer der Mann der Held, der allen Widrigkeiten zum Trotz das Herz jeder noch so starrsinnigen Frau erobern kann. In Dedh Ishqiya stehen die beiden Betrüger Khalujan (Naseeruddin Shah) und sein Neffe Babban (Arshad Warsi) ganz bestimmt nicht als genarrte Trottel da, auch wenn sie mal wieder mit beiden Beinen tief in ihrem eigenen Grab stecken. Aber hier ist die Heldenrollenverteilung mal absolut gleichberechtigt. Finde ich. Dass hier im Film die Verbundenheit zwischen zwei Frauen  so offensichtlich dargestellt wird, ist auch neu. Und wahrscheinlich auch ziemlich verwirrend für Inder, die das gar nicht mit Worten zu beschreiben vermögen.

Der Film trägt nicht umsonst die Liebe im Titel, denn es ist eine Liebeserklärung an so viele Dinge. Z.B. an Urdu, die Sprache der Poeten, die zwar für den normalen Sprachgebrauch der Inder etwas abgehoben sein mag, aber sich einfach am besten zum Vortragen von Gedichten eignet. Im Wettkampf um Begum liefern sich die Männer einen Wettstreit mit Versen, so leidenschaftlich vorgetragen, dass man sich jedes einzelne Wort auf der Zunge zergehen lassen soll und Gänsehaut von einem perfekt vorgetragenen Gedicht bekommt.  Ein sehr poetischer Film, der schon deswegen aus allen anderen Filmen heraussticht. Gedreht wurde in Lakhnau/Lucknow, einem Ort in Indien, der bekannt dafür ist, dass dort das beste und reinste Urdu und Hindi gesprochen wird. Ich versuche jetzt schon seit einigen Jahren, einen Urdu-Kurs zu machen. Leider scheitert er immer an einer zu geringen Teilnehmeranzahl. Ich hoffe inständig, dass sich nach diesem Film vielleicht etwas mehr motivierte Urdu-Lernende finden werden.

Eine Liebeserklärung an die subtilen und offensichtlichen Phasen der Liebe. Anziehungskraft, Leidenschaft, Verbundenheit, Liebe, Vertrauen, Verehrung, Obsession…und als letzte Phase der Tod? Es ist einfach zuckersüß, wenn Begum Khalujan mit seinem richtigen Namen „Iftikhar“ anspricht (seinem muslimischen Namen, denn Khalujan wird er nur von seinem Neffen Khalujan genannt, was soviel wie Onkel bedeutet) und er fast in Ohnmacht fällt, weil sie den Namen mit soviel Gefühl und Leidenschaft ausspricht, als wären allein die Worte schon wie Sex. Zwischen Babban und Muniya läuft das alles etwas offensichtlicher ab, was die körperliche Leidenschaft angeht. Macht aber auch Spaß anzusehen.

Und nicht zuletzt eine Liebeserklärung an die großartigste Tänzerin dieser Zeit, Madhuri Dixit. Wir tanzen dieses Semester in unserem Tanzkurs den Song „Hamari Atariya“ nach und ich hoffe, dass wir das ihr zu Ehren es zumindest zu einem Bruchteil schaffen, es ebenso leidenschaftlich wie elegant zu tanzen. Eine riesige Herausforderung, die uns erwartet.

Human Qureshi war bei der Vorführung persönlich anwesend und erzählte ein wenig von ihrer Sicht auf die Dreharbeiten. Die größte Herausforderung war für sie Urdu zu sprechen. Obwohl sie auch selbst Urdu spricht, hat sie sich doch das ein oder andere mal verhaspelt. Und der Regisseur hat sehr minimale Anweisungen für die Schauspieler gegeben. Das hätte sie nicht gedacht, dass es möglich wäre, einen Film derart zu improvisieren, das kannte sie bisher nur vom Theater. Und am Drehort Lucknow gefiel ihr am besten das Essen.

Über den Film könnte man eigentlich einen ganzen Roman schreiben, weil er so verdammt viel enthält, aber um zum Fazit zu kommen: wie auch schon Ishqiya, absolut ein Film zum Verlieben! Ganz große indische Filmkunst!


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